Lagerhaltung
Bei der Lagerhaltung geht es um alle Aspekte der zwischenzeitlichen Verwahrung von Gütern und Produkten in unterschiedlichen Phasen der Produktion. Wir fassen in diesem Artikel zusammen, worauf bei der Lagerhaltung geachtet werden muss, welche Systeme es gibt und wie diese besonders effizient eingesetzt werden können.
Definition: Was ist Lagerhaltung?
Bei der Lagerung von Gütern handelt es sich um eine gezielte Unterbrechung des Materialflusses innerhalb der Prozesse des Unternehmens. Es wird absichtlich so gehandelt, dass Rohstoffe, Halbfertigprodukte oder fertige Produkte nicht direkt in der Wertschöpfungskette weitergereicht, sondern auf Lager gelegt werden. Innerhalb der Lagerhaltung gibt es verschiedene Systeme, nach denen vorgegangen werden kann, auf diese wir noch im Detail eingehen werden.
Die Lagerung soll meist sicherstellen, dass ausreichend Güter vorhanden sind, um potentielle Engpässe zu überbrücken. Gleichzeitig entstehen dadurch Kosten, weshalb Unternehmen stets versuchen, die Lagerdauer zu optimieren, um gleichzeitig Ausfallzeiten so gering als möglich zu halten, aber auch die Kosten der Lagerhaltung zu minimieren.
Bedeutung der Lagerhaltung
Vom jungen Start-Up bis hin zum Großkonzern, fast alle Unternehmen, die sich nicht in der Dienstleistungsbranche befinden oder ausschließlich online tätig sind, betreiben in irgendeiner Form Lagerhaltung. Dementsprechend bedeutsam ist das Thema auch, denn nicht zuletzt verursacht jedes Lager laufende Kosten. Dazu kommt, dass gerade im B2C-Geschäft Kundinnen und Kunden erwarten, dass Produkte immer verfügbar sind und die Lieferung sehr schnell erfolgt. Perfekte Prozesse im Lager sind hier eine Grundvoraussetzung, um diesen heutigen Anforderungen gerecht zu werden.
Gleichzeitig kann die Lagerung von Produkten auch ganz andere Gründe haben, etwa Wein, der im Laufe der Jahre immer besser wird und deshalb gelagert werden muss. Eine andere Möglichkeit sind Spekulationsobjekte, die nicht aktiv genutzt werden, wenn wir beispielsweise an Goldbarren denken, die über Jahre gelagert werden, um dann, zu einem guten Zeitpunkt nach der Lagerdauer, wieder weiterverkauft werden.
Strategien der Lagerhaltung
Die Lagerhaltung optimal zu gestalten ist das Ziel aller Unternehmen, die ein Lager betreiben. Wie das am besten passieren soll, hängt ganz davon ab, wozu die Lagerung dient und um welche Produkte es geht. Abhängig von diesen Faktoren gibt es verschiedene Strategien, die hier zum Einsatz kommen können.
First In – First Out
Das sogenannte „FIFO-Verfahren“ bedeutet, dass jene Produkte, die zuerst ins Lager gebracht werden auch als erstes wieder entnommen werden. Diese Vorgehensweise ist weit verbreitet und zählt zu den am häufigsten genutzten Strategien, da sie in vielen Branchen anwendbar ist.
Last In – First Out
Diese Methode kommt häufig zur Anwendung, wenn es das Lager aus räumlichen Gründen nicht anders zulässt und die Güter nicht verderblich sind. Denken wir etwa bei einem Baumarkt an eine Lampe. Es werden neue Lampen geliefert, eine Lampe liegt noch im Regal, die neu gelieferten werden aber darüber gestapelt, sodass die eine verbliebene Lampe nun ganz unten liegt. Die zuletzt eingeschichtete Lampe hingegen wird nun als erste verkauft. Hier wurde also last in – first out zur Anwendung gebracht.
First Expired – First Out
Diese Methode ist bei allen verderblichen Gütern naheliegend. Denken wir dabei etwa an Lebensmittel, aber auch an Medikamente. Die Ware wird in jener Reihenfolge verkauft, die sicherstellt, dass jene Produkte, die zuerst ablaufen, auch zuerst das Lager verlassen.
Chaotische Lagerhaltung
Die Bezeichnung chaotische Lagerhaltung klingt etwas salopp, doch diese Methode wird wirklich so genannt. Das bedeutet konkret, dass von jedem Produkt einzelne Stück im gesamten Lager verteilt werden. Ziel ist es nicht Chaos zu schaffen, sondern, dass durch die Verteilung an unterschiedlichen Orten Mitarbeiter oder Lagerfahrzeuge immer nur kurze Wege zu dem benötigten Produkt haben. Somit kann das Produkt das Lager gegebenenfalls besonders schnell verlassen. Der Name ist hier also nicht Programm, sondern die Effizienz steht im Vordergrund.
Aufgaben und Funktionen der Lagerhaltung
Wie vielfältig das Thema der Lagerhaltung wirklich ist merkt man, sobald man sich über die einzelnen Funktionen der Lagerung aber in gewissem Maße auch der Lagerverwaltung Gedanken macht. Wir fassen diese nachstehend übersichtlich zusammen:
Sicherungsfunktion
Die nötigen Stellen werden rechtzeitig mit Material versorgt. Ziel ist es, durch die ausreichende Lagerung dafür zu sorgen, dass sicher immer alle Güter passend vorhanden sind.
Veredelungsfunktion
Das zuvor genannte Wein-Beispiel ist der Klassiker der Veredelungsfunktion, Käse wäre ein weiteres Beispiel. All jene Güter, die gelagert werden, um zu reifen oder in sonstiger Form ihre Qualität durch die Lagerung zu verbessern, sind der Veredelungsfunktion zuzuschreiben.
Spekulationsfunktion
Güter werden gelagert, da man sich eine Wertsteigerung erhofft ohne sich aktiv laufend um die Güter zu kümmern. Ein Beispiel wären Rohstoffe wie etwa Gold.
Ausgleichsfunktion (Pufferfunktion)
Es kann immer zu Schwankungen im Absatzbereich oder auch in der Beschaffung kommen, etwa wenn gerade besonders viel Endprodukte verkauft werden oder wenn ein Lieferant Schwierigkeiten hat. Dementsprechend gleicht ein gefülltes Lager diese Schwankungen aus, wenn ausreichend Puffer an Bestand vorhanden sind.
Sortierungsfunktion
Die Güter werden so sortiert, wie sie betriebsintern derzeit gebraucht werden. Daraus resultiert, dass manche Güter länger gelagert werden und andere kürzer, je nach dem, welche Prioritäten gerade generell im Unternehmen gegeben sind.
Darbietungsfunktion
Lager und Verkaufsraum verschmelzen teilweise, wenn wir beispielsweise an Möbelhäuser oder Baumärkte denken. In diesem Fall erfüllt das Lager somit gleich auch noch die Funktion der Darbietung der Produkte.
Umformungsfunktion
Manche Güter müssen gelagert werden um nach einiger Zeit weiterverarbeitet werden zu können. Ist das der Fall, so spricht man von einer Umformungsfunktion des Lagers, ähnlich der Veredelungsfunktion.
Arten der Lagerhaltung
Der Aufbau des Lagers muss durchdacht sein, denn nur so kann sichergestellt werden, dass das Lager möglichst effizient funktioniert. Deshalb gibt es unterschiedliche Arten der Lagerhaltung, wobei wir nun auf die einzelnen Klassifizierungen im Detail eingehen.
Lagerung nach der Art der Güter
Die Güterart als Kriterium für den Aufbau des Lagers heranzuziehen ist in vielen Branchen naheliegend. Die Trennung nach Güterarten kann manchmal auch alleine schon wegen bestimmter gesetzlicher Vorgaben nötig sein um sicherzustellen, dass bestimmte Stoffe nicht zueinander geraten, sondern strukturiert, sicher, gelagert werden.
Betriebsart des Unternehmens
Jedes Unternehmen hat seine Eigenheiten und insbesondere die Gestaltung der Prozesse innerhalb des Unternehmens, aber auch hin zu Lieferanten und Abnehmern, beeinflussen die Art der Lagerhaltung. Die Betriebsart spielt somit eine große Rolle. Anders ausgedrückt könnte gesagt werden, dass jeder Betrieb individuell vorgehen kann, ganz nach den vorherrschenden Gegebenheiten.
Lagerstandort und Lagerbauweise
Die Bauweise des Lagers kann dazu führen, dass sich bestimmte Lagermethoden anbieten oder andere kaum realisierbar sind. Ebenso ist der Standort des Lagers ein wichtiger Faktor, durch den eine bestimmte Form der Lagerung nötig werden kann. Die räumlichen Gegebenheiten spielen somit auch immer eine große Rolle bei der Art der Nutzung des Lagers. Bei der Auswahl der Immobilie, in der das Lager errichtet werden soll, ist daher die geplante Lagermethode unbedingt zu beachten.
Zusätzlich kann zwischen zentraler und dezentraler Lagerung unterschieden werden.
Lagereigentümer und Verwaltungsform
Das Lager kann entweder gänzlich selbst betrieben werden oder die Lagerung von Produkten wird ausgegliedert. Beide Varianten bringen naheliegende Vor- und Nachteile mit sich. Wird die Lagerung über ein anderes Unternehmen durchgeführt, so spielt die Art und Weise der Lagerung eine kleinere Rolle, da sich der Dienstleister um die Optimierung des Lagers kümmern muss. Andererseits verliert man so möglicherweise selbst etwas die Kontrolle über die Lagerprozesse und macht das Unternehmen vom beauftragten Lagerhaltungs-Dienstleister bis zu einem gewissen Grad abhängig.
Lagertechnik
Lager können auch je nach Lagertechnik unterschieden werden. So kann ein Unternehmen beispielsweise auch ein Lager betreiben, in dem das FIFO-Verfahren zur Anwendung kommt und ein zweites, für gänzlich andere Güter, in denen mit einer anderen Methode gearbeitet wird. Diese Lager enthalten somit unterschiedliche Produkte und können, gerade wegen der verschiedenen Techniken die zur Anwendung kommen, räumlich voneinander getrennt werden.
Lagertransportmittel
Wer von Lagerung spricht muss immer auch an den Transport denken. Dabei geht es gleichermaßen um die Anlieferung zum Lager, die interne Logistik innerhalb des Lagers wie auch die Übergabe an nachgelagerte Frächter aus dem Lager heraus. Je nach dem welche Transportmethoden im Lager genutzt werden können, lassen sich Lager gliedern. So kann es beispielsweise ein eigenes Lager für Güter geben, die mit einem großen LKW geliefert werden müssen.
Wir sehen also, dass es unterschiedlichste Formen der Lagerung gibt, dass verschiedenste Aspekte mit einfließen und es schwer zu sagen ist, wie das optimale Lager pauschal aussieht. Ein maßgeblicher Faktor bei der Lagerung sind immer auch die Kosten, auf die wir nun näher eingehen.
Lagerhaltungskosten
Ein Lager soll nicht nur praktisch und effizient sein, sondern vor allem auch kostengünstig. Jedes Lager verbraucht Fläche, Systeme müssen betrieben werden, laufende Kosten entstehen auf verschiedenste Arten, bis hin zur Sicherheitstechnik, Heizung und Strom. Die Lagerhaltungskosten zu minimieren ist deshalb ein bedeutendes Ziel, denn hier können oft erhebliche Einsparungen realisiert werden.
Zu den Kosten der Lagerhaltung zählen all jene Kostenpositionen, die direkt oder indirekt aus der Lagerhaltung entspringen, gleich ob diese durch das Lager selbst entstehen oder in mit dem Lager in Zusammenhang stehenden Prozessen.
Bestandteile der Lagerkosten
Die Lagerkosten setzen sich aus zahlreichen einzelnen Bestandteilen zusammen, die in irgendeiner Form durch das Lager und die Funktionen, die das Lager erfüllen soll, entstehen. Diese sind beispielsweise:
- Kosten des Gebäudes selbst
- Betriebskosten und Erhaltungskosten
- Personalkosten
- Heizung, Strom, Wasser
- Kosten für Sicherheitstechnik im Lager
- Reinigungskosten
- Kosten für Maschinen wie Gabelstapler im Lager
- Kosten für Lagerhaltungs-Software
- Indirekte Kosten für die Planung und Optimierung des Lagers bzw. das Management des Lagers
- Diverse Hilfsmittel und Materialkosten
- Indirekt die Verzinsung des gebundenen Kapitals durch die Lagerhaltung
Rationalisierungsmaßnahmen aller Art, von der Automatisierung bis hin zur laufenden Optimierung der Prozesse im Lager, tragen dazu bei, die Kosten zu senken. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Funktionen des Lagers trotzdem immer noch voll umfänglich erfüllt werden, sprich dass etwa trotz Kostenreduktion genügend Produkte im Lager verfügbar sind, um annehmbare Lieferzeiten zu ermöglichen.
Somit ergibt sich immer ein Wechselspiel zwischen der Kostenreduktion und den nötigen Puffer-Effekten, die ein Lager mit sich bringen soll. Hier das goldene Mittelmaß zu finden ist die große Kunst.
Lagerkostensatz und Berechnung mit Beispiel
Um die Lagerkosten konkret quantifizierbar zu machen gibt es die Kennzahl des Lagerkostensatzes, kurz LKS genannt. Dabei werden die Lagerkosten in Relation zum durchschnittlichen Lagerwert gesetzt und mit 100 multipliziert, um ein Ergebnis in Prozent zu erhalten.
Kostet ein Gut etwa 100 Euro und liegen die Lagerkosten bei 10 Euro, so liegt ein Lagerkostensatz von 10% vor. Die Lagerkosten werden also in Relation zum Wert der Ware umgelegt und können so in die Kalkulation der Verkaufspreise aktiv einbezogen werden. Gleichzeitig können so Grenzwerte angedacht werden, bei denen die Lagerung in Relation zum Verkaufspreis zu teuer wird.
Lagerhaltung verwalten
Um das eigene Lager immer im Blick zu behalten bedarf es professioneller Lösungen, die gegebenenfalls mit dir, deinem Unternehmen und deinem Lager mitwachsen. Genau diese Möglichkeit bietet dir eine Lagerhaltungssoftware. Du hast die Möglichkeit alle Lagerbestände übersichtlich zu kontrollieren, alle Zu- und Abgänge werden digital gebucht und Lieferscheine können mit wenigen Klicks erstellt werden. Zusätzlich können Lieferanten und Kunden über das Tool verwaltet werden und die gesamte Buchhaltung lässt sich ebenfalls direkt anbinden.
Fazit
Die Lagerhaltung ist ein extrem breites Thema, da es so vielfältige Möglichkeiten der Lagerung gibt. Gleichzeitig ist sie ein massiver Kostenfaktor, weshalb laufende Optimierung unerlässlich ist. Wichtig ist, das eigene Lager stets im Blick zu behalten um sicherzustellen, dass alle Prozesse gut laufen, genügend Güter vorhanden sind und gleichzeitig die Kosten minimiert werden. Mit modernen Online-Tools lässt sich die Verwaltung effizient bewerkstelligen, egal ob für Start-Ups oder Weltkonzerne.