Arbeitgeberverband
Ein Arbeitgeberverband ist ein Zusammenschluss von Arbeitgebern (also Unternehmern) zur Vertretung gemeinsamer Interessen. Verbandsintern beinhaltet dies die Bereitstellung von Informations- und Hilfsstrukturen für die Mitgliedsunternehmen und nach außen die Auseinandersetzung mit anderen Teilnehmern im wirtschaftspolitischen Gefüge, z.B. den Gewerkschaften.
Arbeitgeberverbände sind üblicherweise in der Rechtsform eines Vereins organisiert. Da bei der gemeinsamen Interessenvertretung oft branchenspezifische Belange von besonderer Bedeutung sind, schließen sich viele Verbände innerhalb gleicher Branchen und Geschäftsbereiche zusammen.
So sind zum Beispiel im Verband Gesamtmetall verschiedene Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie organisiert. Weitere Beispiele sind der BAV Chemie oder der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Daneben gibt es Zusammenschlüsse nach geographischen Gesichtspunkten, wie Regional- oder Landesverbände. Ein weiterer gemeinsamer Nenner kann die Betriebsgröße sein, wie dies z.B. in speziellen Mittelstandsverbänden der Fall ist.
Die wichtigsten Aufgaben eines Arbeitgeberverbands
Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften
Dies ist eines der zentralen Aufgabenfelder. Gemäß dem Prinzip der Tarifautonomie haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Recht, ihre Tarifverträge ohne Beteiligung des Staats eigenverantwortlich auszuhandeln. Die Arbeitgeberseite wird hier durch ihre Verbände vertreten, die Arbeitnehmerseite durch die Gewerkschaften. Durch die konträre Interessenlage beider Parteien werden die Verhandlungen oft hart geführt und stehen stark im Medieninteresse.
Beratung und Information der Mitgliedsunternehmen
Einzelne Unternehmen haben oft nicht die Kapazitäten, die komplexen technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Änderungen ihrer Branche umfassend im Auge zu behalten. Hier können die Verbände helfen, indem sie Know-How bündeln, Konzepte erarbeiten und Informationsmaterial zur Verfügung stellen. Dies kann insbesondere beinhalten:
- Beratung in sozial-, tarif- und arbeitsmarktpolitischen Fragen
- Informationsdienst für gesetzliche oder wirtschaftliche Änderungen
- Durchführung von Fort- und Weiterbildungen
- Verbesserung von Arbeitsbeziehungen und Anpassung der Arbeitsbedingungen
- Weitergabe von personalwirtschaftlichen Statistiken oder Musterbetriebsvereinbarungen
- Rechtshilfe und Rechtsvertretung
Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit
In ihrer Öffentlichkeitsarbeit informieren Verbände nicht nur Fachleute, sondern auch Politik und Bevölkerung über die Bedeutung der wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Branche bzw. ihrer Mitgliedsunternehmen. Da manche Branchen skeptisch gesehen werden, z.B. aufgrund von umweltbelastenden Produktionsmethoden, versucht die Öffentlichkeitsarbeit das Image der Branche positiv zu beeinflussen. Lobbyarbeit dagegen vollzieht sich eher hinter verschlossenen Türen: Wirtschaftsvertreter versuchen in Kontakten mit Vertretern der Politik ihre Einflussmöglichkeiten auszubauen.
Die Bedeutung der Verbände im Arbeitsrecht
Tarifrecht
Arbeitgeberverbände können als Tarifparteien auftreten. Entscheidend ist die Funktion der Mitglieder als Arbeitgeber, eine Mindestzahl oder -größe ist aber nicht erforderlich.
Ausschlusskriterien eines Verbandes für die Tariffähigkeit sind:
- Pflichtverband: Ein Verband, dessen Mitgliedschaft aufgrund öffentlich rechtlicher Vorschriften obligatorisch ist, ist nicht tariffähig.
- Mangelnde Gegnerfreiheit: Ein Verband ist gegnerfrei, wenn keine finanzielle oder personelle Abhängigkeit oder Verflechtung mit sozialen Gegenspielern (in diesem Fall Arbeitnehmerverbänden, Gewerkschaften) besteht. Andernfalls besteht keine Tariffähigkeit.
Betriebsverfassungsrecht
Der Arbeitgeber kann zu bestimmten Gremien und Versammlungen, an denen er teilnimmt, einen Vertreter seines Verbands als Berater hinzuziehen. Dies gilt für Betriebsratssitzungen, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich eingeladen wurde oder die Sitzung auf sein Verlangen erfolgt. Dies gilt weiterhin für Betriebsversammlungen, an denen der Arbeitgeber teilnimmt.
Aufbau und Organisation
Die Organe
Gemäß der üblichen Vereinsstruktur sind die regelmäßigen Organe des Verbands die Mitgliederversammlung und der Vorstand. Spitzenverbände als Dachorganisationen mehrerer Einzelverbände können zusätzlich über ein Präsidium verfügen. Der Vorstand kann einen oder mehrere Geschäftsführer berufen. Diese führen die laufenden Geschäfte gemäß Satzung und nach Vollmacht des Vorstands und vertreten den Verband nach außen. Dies gilt auch für gerichtliche Auseinandersetzungen.
Pflichten und Rechte
Die Mitglieder, also die einzelnen Unternehmen, sind in der Regel zu Beitragszahlungen verpflichtet, um den Verband zu unterhalten. Des Weiteren sind sie gebunden, die ausgehandelten Beschlüsse (z.B. Tarifverträge) in ihrem Betrieb umzusetzen.
Ihre Rechte bestehen in der Mitwirkung an diesen Beschlüssen sowie in der Nutzung der verbandseigenen Informations- und Unterstützungsangebote.
Arten der Mitgliedschaft
Im Standardfall unterliegen die Verbandsmitglieder in ihren eigenen Unternehmen der Bindung an die vereinbarten Tarifverträge. Ein Verband kann aber auch zusätzlich so genannte OT-Mitgliedschaften („Ohne Tarifbindung“) zulassen. Dies ist für Unternehmen interessant, die lediglich von den Dienstleistungen des Verbands profitieren möchten, aber nicht in den Tarifvertrag eintreten wollen. Grundsätzlich ist dies vereinsrechtlich zulässig, wenn sichergestellt ist, dass im Gegenzug eine Einflussnahme der OT-Mitglieder auf die Tarifauseinandersetzungen ausgeschlossen ist. Arbeitsrechtlich ist die Praxis dennoch nicht unumstritten.
Austritt
Da die Mitgliedschaft in einem Arbeitnehmerverband freiwillig ist, kann ein Unternehmen auch wieder austreten. Details zum Austritt sind gemäß den Bestimmungen des Vereinsrechts und der jeweiligen Satzung des Verbands geregelt. Auch nach dem Verlassen des Verbands ist das Unternehmen noch an den aktuellen Tarifvertrag gebunden, bis dessen Laufzeit endet. Danach besteht die Möglichkeit, im Unternehmen einen individuellen Haustarifvertrag auszuhandeln.
Arbeitgeberverbände in Deutschland
Die Gesamtstruktur der deutschen Arbeitgeberverbände umfasst mehrere Organisationsebenen:
Oberster Dachverband für die gesamte deutsche Wirtschaft ist die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA). Sie ist zuständig für alle Arten privater oder gewerblicher Wirtschaftsunternehmen. An der Spitze der BDA steht gemäß Satzung der jeweilige Präsident. Insgesamt bringen die Mitgliedsverbände etwa eine Million Unternehmen in den Dachverband ein. Die öffentliche Hand ist nicht Mitglied des BDA. Zwar ist sie der größte Arbeitgeber in Deutschland, konstituiert sich jedoch aus Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Auf der nächst unteren Organisationsstufe stehen die Landesvereinigungen als direkte Mitglieder der BDA. Jedes Bundesland hat eine solche branchenübergreifende Vereinigung. Da sich Berlin und Brandenburg sowie Hamburg und Schleswig-Holstein zusammengeschlossen haben, gibt es insgesamt 14 Landesvereinigungen. Diesen gehören wiederum die jeweiligen Regionalverbände an.
Neben den oben genannten überfachlichen Verbänden gibt es eine Vielzahl von branchenspezifischen Zusammenschlüssen. Diese Branchenvereinigungen auf Regional- und Landesebene sind dann wieder zusammengefasst in den so genannten Bundesfachspitzenverbänden. Diese rund fünfzig Fachverbände auf Bundesebene unterteilt die BDA grob in folgende Rubriken:
- Dienstleistungen
- Finanzwirtschaft
- Handel
- Handwerk
- Industrie
- Landwirtschaft
- Verkehr/Transport/Logistik
Der größte einzelne Bundesfachspitzenverband ist beispielsweise der Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände e.V., landläufig als „Gesamtmetall“ bekannt.