Geringverdiener
Geringverdiener – ein Begriff, der oft fällt, aber selten konkret erklärt wird. Was bedeutet es eigentlich, ein Geringverdiener zu sein? In einer Zeit, in der Einkommensungleichheit ein heiß diskutiertes Thema ist, ist es wichtig, die Fakten zu kennen. In diesem Artikel tauchen wir in die Welt der Geringverdiener ein. Wir klären, wer dazu zählt, wie sich dies auf Sozialversicherungen und Steuern auswirkt und warum es so unterschiedliche Definitionen gibt. Ein komplexes Thema, einfach und klar erklärt.
Übrigens: Auch, wenn du selbstständig bist und einen Mitarbeiter einstellen willst, ist dieser Artikel für dich relevant.
Geringverdiener: Eine Definition
Geringverdiener sind im Allgemeinen solche Arbeitnehmer, die nur ein geringes Gehalt bekommen. Diese Erklärung ist grundsätzlich korrekt, jedoch gibt es zwischen den wahren Geringverdienern und jenen, die umgangssprachlich so genannt werden, wesentliche Unterschiede. Schauen wir uns das nun im Detail an.
Kriterien: Ab wann ist man Geringverdiener?
Eine pauschale Grenze zu ziehen, ab der man als Geringverdiener gilt, ist schwierig, da der Begriff an sich unterschiedlich interpretiert wird. Personen, die im Sinne der Sozialversicherung als Geringverdiener betrachtet werden, sind beispielsweise Praktikanten oder FSJ-Leistende. Oft werden Menschen, die Mindestlohn erhalten oder deren monatliches Einkommen nahe der Armutsgrenze liegt, umgangssprachlich als Geringverdiener eingestuft. Die exakte Abgrenzung variiert, abhängig von der jeweiligen Definition. Wichtig ist, dass zur Definition eines Geringverdieners der Verdienst einer Vollzeitstelle herangezogen wird. Teilzeitbeschäftigte und Minijobber müssen daher ihr Einkommen auf Vollzeit umrechnen.
Geringverdiener in Bezug auf die Sozialversicherung
Ursprünglich stammt der Ausdruck Geringverdiener aus dem Bereich der Sozialversicherung. Darunter fallen Personen, die nur ein sehr niedriges Gehalt erhalten und unter spezifischen Bedingungen arbeiten. Typische Beispiele sind Auszubildende oder in einigen Fällen Praktikanten, die weniger als 325 Euro monatlich verdienen. Zu dieser Gruppe zählen auch Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst sowie an freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahren, die ein monatliches Taschengeld von höchstens 423 Euro erhalten. Obwohl diese Personen selbst keine Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, tragen ihre Arbeitgeber die gesamten Sozialversicherungsbeiträge. So steht ihnen auch der Anspruch auf Sozialleistungen und Altersvorsorge zu.
Umgangssprachliche Definition von Geringverdienern
Im alltäglichen Gebrauch wird der Begriff der Geringverdiener selten in Verbindung mit der Sozialversicherung genutzt. Hier bezieht er sich meistens auf Beschäftigte, die ein sehr niedriges Gehalt erhalten, vor allem geringfügig Beschäftigte und Angestellte im Niedriglohnsektor. Geringfügig Beschäftigte, die bis zu 520 Euro monatlich verdienen, sind im Minijob von der Sozialversicherung befreit. Im Gegensatz dazu müssen Niedriglöhner Beiträge zur Sozialversicherung leisten. Die Arbeitgeber beteiligen sich daran, übernehmen jedoch nicht die vollen Kosten wie im Fall der echten Geringverdiener.
Wie hoch ist die Geringverdienergrenze?
Die festgesetzte Grenze für Geringverdiener liegt momentan bei 325 Euro im Monat und bezieht sich hauptsächlich auf Auszubildende sowie Praktikanten. Diese Grenze wurde seit 2003 nicht mehr angehoben. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld wirken sich nicht auf die Geringverdienergrenze aus, aber es muss ein Sozialversicherungsbeitrag darauf entrichtet werden, der von Arbeitgeber und Auszubildendem bzw. Praktikant gemeinsam getragen wird. Da die Mindestausbildungsvergütung fast jedes Jahr steigt, die Geringverdienergrenze jedoch konstant bleibt, nimmt ihre Bedeutung kontinuierlich ab. Bei Praktikanten wird die Grenze je nach Praktikumsart unterschiedlich angewandt.
Steuerliche Aspekte für Geringverdiener
Geringverdiener mit einem Monatsgehalt von bis zu 325 Euro werden nach ihren individuellen Lohnsteuermerkmalen besteuert, wobei in der Regel kein Lohnsteuerabzug erfolgt, da das Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags liegt. Dieser Freibetrag gilt für Geringverdiener mit einem Jahresgehalt von 10.908 Euro (2023) bzw. 11.604 Euro (2024). Erst bei Überschreiten dieses Betrags entsteht eine Steuerpflicht auf das Gehalt.
Vorteile für umgangssprachliche Geringverdiener im Übergangsbereich
Personen, die landläufig als Geringverdiener bezeichnet werden, können unter bestimmten Bedingungen im sogenannten Übergangsbereich Vorteile bei den Sozialversicherungsbeiträgen genießen. Dieser Bereich definiert den Midijob, der Einkommen zwischen 520,01 Euro und 2.000 Euro monatlich umfasst. Er ist sozusagen der große Bruder des Minijobs.
Im Minijob bis zu 520 Euro monatlich besteht Befreiung von der Sozialversicherung. Vollzeitbeschäftigte mit einem Monatseinkommen von über 1.600 Euro sind hingegen sozialversicherungspflichtig. Im Übergangsbereich, der sich genau dazwischen befindet, besteht eine reduzierte Pflicht zur Sozialversicherung. Die Beitragshöhe hängt dabei vom Einkommen ab, wobei Arbeitgeber immer die Hälfte der Beiträge zahlen.
Reformen im Bereich der Sozialversicherungsbeiträge für Midijobs
Im Jahr 2019 wurden wichtige Reformen in Bezug auf die Rentenansprüche und Krankenkassenbeiträge für Arbeitnehmer mit reduzierten Sozialversicherungsbeiträgen eingeführt. Vor diesen Änderungen führte ein geringes Einkommen zu einer niedrigeren Rente. Diese Regelung wurde modifiziert, um der Altersarmut entgegenzuwirken. Seit 2019 werden die Beiträge zur Krankenversicherung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen getragen. Für klassische Geringverdiener ändert sich dadurch nichts, da die Arbeitgeber bereits die gesamten Beiträge tragen. Geringverdiener sind durch den Lohnsteuerfreibetrag von 10.908 Euro (für 2023) bzw. 11.604 Euro (für 2024) grundsätzlich von der Lohnsteuer befreit.
Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener
Die Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener werden nach einer speziellen Formel berechnet, die die Belastung gering hält. Diese Formel passt die Höhe der Abgaben an das Einkommen an, wobei ein Geringverdiener mit 520,01 Euro Entgelt weniger Beiträge zahlt als einer mit 1.600 Euro. Bei der Berechnung im Midijob ist das sogenannte Gleitzonenentgelt relevant. Die Formel dafür lautet:
F x 520 + ([1600/(1600 − 520)] − [520/(1600 − 520)] x F x (Arbeitsentgelt − 520)
Der Faktor F wird beinahe jedes Jahr neu bestimmt, für 2023 liegt er bei 0,6922. Die Berechnung scheint komplex, ist jedoch mit einem Taschenrechner gut zu bewältigen.
Hier dazu ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Arbeitnehmer verdient 900 Euro pro Monat. Die Formel würde also folgendermaßen aussehen:
0,6922 x 520 + ([1600/(1600 − 520)] − [520/(1600 − 520)] x 0,6922 x (900 − 520)
Es ergeben sich daraus reduzierte, beitragspflichtige Einkünfte in Höhe von 513,51 Euro.
Statistische Geringverdienergrenze
Eine weitere Definition der Geringverdienergrenze richtet sich nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, die das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) und die Hans-Böckler-Stiftung erhoben haben: Statistisch gesehen wird eine Vollzeitbeschäftigte oder ein Vollzeitbeschäftigter als Geringverdiener eingestuft, wenn das Gehalt unter zwei Drittel des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts aller Vollzeitbeschäftigten liegt. Diese Betrachtungsweise unterscheidet sich klar von der sozialversicherungsrechtlichen. Im Jahr 2020 betrug die statistische Geringverdienergrenze 2.284 Euro brutto.
Fazit
Das Thema Geringverdiener ist vielschichtig und komplex. Es betrifft nicht nur individuelle Gehälter, sondern auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte und steuerliche Auswirkungen. Die Definition variiert je nach Kontext – von der umgangssprachlichen Verwendung bis hin zu offiziellen statistischen und sozialversicherungsrechtlichen Grenzen. Dieser Artikel hat gezeigt, dass es entscheidend ist, das Einkommen im Kontext zu betrachten und die unterschiedlichen Vorteile und Nachteile für Geringverdiener zu verstehen. Die Kenntnis dieser Aspekte ist essentiell, um die eigene finanzielle Situation realistisch einzuschätzen und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen.