Einkommensteuer: Das musst du als Selbstständiger wissen
Machst du dich selbstständig, wird es in Sachen Steuern schnell etwas komplizierter: Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und plötzlich Einkommensteuer statt Lohnsteuer. Ist das nicht dasselbe? Wie berechnest du Einkommensteuer und bis wann musst du sie zahlen? Hier liest du alles, was du rund um Einkommensteuer für Selbstständige nicht verpassen darfst.
Definition: Was ist die Einkommensteuer?
Die Einkommensteuer ist über das Einkommensteuergesetz geregelt. Einfach gesagt ist sie eine Steuer, die du an den Staat zahlst, basierend auf dem Geld, das du verdienst. Je mehr du verdienst, desto mehr Steuern zahlst du.
Die Steuer geht anteilig an den Bund, die Bundesländer und Kommunen. Sie allein macht rund ein Drittel aller deutschen Steuereinnahmen aus und ist damit noch wichtiger als die Umsatzsteuer.
Mit der Einkommensteuer zahlt der Staat vielseitige Ausgaben. Er sorgt dafür, dass die Gesellschaft und das Miteinander im Staat funktionieren. So fließt die Einkommensteuer zum Beispiel in
- Öffentliche Dienstleistungen wie Schulen, Straßen, Verkehrsmittel wie Busse und S-Bahn, Polizei und Feuerwehr sowie Krankenhäuser.
- Soziale Programme wie Sozialhilfe, Arbeitslosenunterstützung und Rentenzahlungen
- Infrastrukturprojekte wie den Bau und die Instandhaltung von Brücken, Straßen und Flughäfen
- Staatliche Dienstleistungen wie die Bezahlung von Regierungsangestellten und Beamten
Die Prinzipien der Einkommensteuer
Um die Einkommensteuer zu berechnen, werden folgende Prinzipien angewendet:
1. Welteinkommensprinzip
Jeder, der über Einkommen verfügt und in Deutschland steuerpflichtig ist, muss sein gesamtes Einkommen versteuern. Das umfasst auch Einnahmen, die in anderen Ländern generiert werden.
2. Nettoprinzip
Versteuert wird stets das Nettoeinkommen. Das heißt: Von deinen Einnahmen werden Ausgaben wie Werbungskosten bei Angestellten oder nebenberuflich Selbstständigen, Betriebsausgaben oder Freibeträge abgezogen. Der verbleibende Betrag bildet das zu versteuernde Einkommen. Hier willst du tiefer einsteigen? Lies gern unseren Beitrag zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens.
3. Besteuerung nach Leistungsfähigkeit
Alle Steuerzahler, die das gleiche Einkommen beziehen, werden auch gleich besteuert.
4. Periodizitätsprinzip
Die Berechnung der Steuern bezieht sich immer auf einen bestimmten Veranlagungszeitraum. In der Regel sind das Kalenderjahre und jedes Jahr zählt für sich. Du zahlst also Einkommensteuer 2022, 2023 und 2024 usw. Die Einkommenshöhe aus dem Vorjahr hat keinen Einfluss auf den Steuerbetrag, den das Finanzamt für das Folgejahr mit dem Steuerbescheid festsetzt.
Aber: Das zu versteuernde Einkommen aus dem Vorjahr ist die Bemessungsgrundlage für deine Steuervorauszahlungen im aktuellen Jahr.
5. Prinzip der Steuerprogression
Wer viel verdient, zahlt mehr Steuern. Wer nichts oder wenig verdient, wird durch keine bzw. nur eine geringere Steuerzahlung belastet. Dafür gibt es eine Staffelung der Steuer abhängig von der Einkommenshöhe und Tarifzone.
Unterschied Einkommensteuer vs. Lohnsteuer
Muss ich jetzt Einkommensteuer zahlen oder Lohnsteuer? Was ist der Unterschied?
Ganz einfach: Wer Einkünfte aus selbstständiger oder gewerblicher Tätigkeit erzielt, zahlt Einkommensteuer. Dass die Steuer pünktlich beim Finanzamt ankommt, verantwortet jeder einkommensteuerpflichtige Selbstständige selbst.
Lohnsteuer hingegen zahlen alle Angestellten. Die Lohnsteuer ist eine spezielle Form der Einkommensteuer, die direkt von den Löhnen und Gehältern der Arbeitnehmer abgezogen wird. Die Lohnsteuer wird automatisch über das Gehalt dem Fiskus zugeführt.
Aber aufgepasst: Sobald du als Angestellter weitere Einkünfte beziehst – aus nebenberuflicher selbstständiger Tätigkeit beispielsweise oder aus Kapitalerträgen und Mieteinnahmen – zahlst du auf die entsprechenden Einnahmen ebenfalls Einkommensteuer.
Wer muss Einkommensteuer zahlen?
Kurz und knapp: Sobald du Geld verdienst und deinen ständigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hast, musst du Steuern zahlen. Die Steuerpflicht beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Wie oben erwähnt, spricht man bei Angestellten von Lohnsteuer.
Wer zahlt keine Steuern?
Liegt dein zu versteuerndes Einkommen unter dem Grundfreibetrag von aktuell 11.604 Euro, bist du laut Einkommensteuergesetz (EStG) von der Steuerzahlung befreit. Du bist also nicht einkommensteuerpflichtig.
Wie hoch ist die Einkommensteuer?
Wir haben oben bereits das Prinzip der Steuerprogression leicht angeschnitten. Zusammengefasst besagt sie, dass jeder nur so viel Steuern zahlen soll, wie der Staat für zumutbar hält. Heißt: Wie viel Steuern du zahlst, hängt von der Höhe deiner Einkünfte ab.
Dafür gibt es fünf aufeinander aufbauende Tarifzonen. Jede stellt eine Einkommensstufe dar und hat ihren eigenen Grenzsteuersatz, der auf dein Einkommen berechnet wird. Wessen Einkommen in Tarifzone 1 fällt, der muss noch keine, also 0 Prozent, Steuern zahlen. Durch diese Entlastung möchte der deutsche Staat das Existenzminimum von Menschen mit geringem Einkommen sichern. Das könnte zum Beispiel zu Beginn deiner Selbstständigkeit der Fall sein.
Was ist mit denen, die viel oder gar am meisten verdienen? Für ihr Einkommen greifen Tarifzone 4 oder Tarifzone 5. Sie zahlen den Spitzensteuersatz oder sogar den Höchstsatz, die sogenannte Reichensteuer. Letztere liegt bei 45 Prozent.
Welches Einkommen muss versteuert werden?
So weit ein erster Überblick über Einkommensteuern, die du zahlen musst, sowie über verschiedene Steuersätze. Aber auf welche Einnahmen wendet das Finanzamt letztere eigentlich an? Oder anders gefragt: Welche Einnahmen musst du dem Finanzamt offenlegen, damit auf sie dann Steuern erhoben werden?
Hier unterscheidet der Gesetzgeber sieben verschiedene Einkunftsarten:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
- Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
- Einkünfte aus Kapitalvermögen
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- Sonstige Einkünfte wie Einkünfte aus Lottogewinnen
Du siehst: Von Zinseinnahmen, Mieteinnahmen, Lohn/Gehalt als Angestellter oder Einnahmen durch von dir erbrachte Leistungen als Selbstständiger – alles fließt zusammen. Alles bildet eine Grundlage für deine Einkommensteuer.
Gewinnermittlung bei Selbstständigen
Die Einnahmen aus den sieben Bereichen hast du nun zusammengetragen. Und jetzt? Trägst du diese einfach in deine Einkommensteuererklärung ein?
Nein.
Als Unternehmer oder Freiberufler musst du zunächst deinen Gewinn kennen. Er ist es, der für die Steuerberechnung eine Rolle spielt bzw. versteuert wird. Nicht deine Brutto-Einnahmen.
Als Selbstständiger hast du zwei Möglichkeiten, deinen Gewinn zu ermitteln.
1. Einnahmenüberschussrechnung (EÜR)
Die meisten Freiberufler und Selbstständigen entscheiden sich für diesen einfacheren Weg der Gewinnermittlung zur Steuerberechnung, es sei denn, sie sind zur Bilanzierung verpflichtet. Die EÜR betrachtet einen bestimmten Zeitraum wie das Geschäftsjahr und stellt die Einnahmen den Ausgaben des Unternehmens gegenüber.
2. Bilanzierung
Die Bilanzierung ist aufwendiger als die einfache EÜR. Aber unter Umständen kann auch sie für Selbstständige sinnvoll sein und für die meisten Gewerbetreibenden ist sie sogar Pflicht im Rahmen der Buchführungspflicht. Sie verschafft einen umfassenderen Überblick über die finanzielle Situation des Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag. Neben Einkünften und Ausgaben wie Werbungskosten umfasst die Bilanzierung auch Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Eigenkapital. Lies mehr im Beitrag „Bilanzierung einfach erklärt“.
Freibeträge bei der Einkommensteuer
Oben haben wir dir die sieben Einkommensarten vorgestellt, die in die Ermittlung der Einkommenssteuer einfließen. Es gibt aber auch bestimmte Posten, die nicht zu versteuern, sprich steuerbefreit sind. Das sind die sogenannten Freibeträge, die dein zvE minimieren und Steuerersparnis bringen.
Nr. 1 ist der Grundfreibetrag, den du bereits kennst. Erst ab einem Einkommen von 11.604 Euro (2024) zahlst du überhaupt Einkommensteuer.
Darüber hinaus kannst du folgende Freibeträge geltend machen:
- Sparerfreibetrag
- Rentenfreibetrag
- Kinderfreibetrag
- Gewerbesteuerfreibetrag
- Entlastung für Alleinerziehende
- Freibetrag für Ausbildung
- Freibetrag für Ehrenamt
- Freibetrag für Schenkungen, Werben
- Freibetrag für Übungsleiter
Eine ausführliche Erklärung und weitere Tipps zu diesen Beträgen findest du in unserem Beitrag „Steuerfreibetrag in der Selbstständigkeit“.
Einkommensteuer berechnen
Du weißt bereits: Wer angestellt ist, muss sich um seine Einkommensteuer nicht weiter kümmern. Sie wird automatisch abgezogen und landet gar nicht erst auf dem eigenen Konto. Bei Selbstständigen ist das anders. Sie müssen eigenverantwortlich für die Überweisung an das Finanzamt sorgen.
Die Berechnung des zu zahlenden Betrages übernimmt das Finanzamt für dich, sobald ihm deine Einkommensteuererklärung mit allen Einkünften vorliegt. Dein Sachbearbeiter informiert dich dann im Einkommensteuerbescheid über die Höhe der Steuerfestsetzung.
Auch beim Finanzamt kann es natürlich mal zu Rechenfehlern und Zahlendrehern kommen. Verschaffe dir daher unbedingt selbst einen Überblick und berechne deine Einkommensteuer als Freiberufler oder Gewerbetreibender. So gehst du vor:
- Addiere alle Einkünfte aus allen Einkunftsarten
- Ziehe alle Betriebsausgaben und außergewöhnlichen Aufwendungen sowie Freibeträge (u. a. Vorsorgeaufwendungen) ab
- Subtrahiere Freibeträge für Kinder und Härteausgleich.
Zahlst du Kirchensteuer? Ziehe auch sie ab.
Dein Ergebnis ist das zu versteuernde Einkommen.
Wie viel Steuern du zahlst, hängt von der Tarifzone ab, in die du gruppiert wirst.
Einkommensteuer bei nebenberuflicher Selbstständigkeit
Du bist angestellt, aber auch nebenberuflich in selbstständiger Tätigkeit tätig? Dann zahlst du Lohnsteuer auf dein Gehalt aus dem Angestelltenverhältnis plus Einkommensteuer aus deinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit. Das sieht so aus:
Du addierst den Lohn plus Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Die Steuern werden auf die gesamte Summe erhoben. Denn der Steuersatz für Selbstständige und Angestellte ist derselbe.
Beispiel für Steuern bei einer freiberuflichen Nebentätigkeit:
50.000 Euro Verdienst aus deiner Festanstellung (Lohn/Gehalt)
+ 10.000 Euro im selben Kalenderjahr durch nebenberuflich selbstständige Tätigkeit (Arbeite mit dem Gewinn. Bei der EÜR sind das Einnahmen minus Ausgaben. Die Berechnung des Bilanzgewinns ist etwa komplexer.)
= Die Summe beider Einkünfte ist zu versteuern. In diesem Beispiel 60.000 Euro.
Info:
Die Einkünfte aus deiner Nebentätigkeit trägst du in deiner Steuererklärung ein: in der Anlage S für Freiberufler oder in der Anlage G für Gewerbetreibende.
Einkommensteuererklärung
Die Einkommensteuererklärung ist ein Formular bestehend aus Mantelbogen und Anlagen, das du normalerweise Jahr für Jahr ausfüllst. Sie dient dazu, dem Finanzamt eine detaillierte Aufstellung der Einkünfte und Ausgaben zu präsentieren, um die korrekte Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer zu berechnen. Das gilt für Selbstständige, Freiberufler, Gewerbetreibende und Angestellte.
Das Finanzamt berechnet auf der Grundlage deiner Angaben dein steuerpflichtiges Einkommen und setzt die entsprechende Steuer fest.
Als Selbstständiger bist du in der Regel zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet, wobei die Frist variieren kann. Üblicherweise ist es aber der 31. Juli des Folgejahres – sprich der 31. Juli 2024 für deine Steuererklärung von 2023.
Wie du hier schon gelesen hast, gibt es Faktoren, die die Steuer verringern können. Damit das alles aufgeht und du eine optimale Steuererklärung abgibst, musst du alle
- Einkünfte angeben
- Angaben richtig platzieren,
- relevante Belege aufbewahren, um sie auf Anfrage nachliefern zu können und
- Fristen einhalten.
Steuerbescheid lesen und verstehen
Die Steuererklärung ist eingereicht und nach einigen Wochen kommt der Steuerbescheid. Das ist ein Schreiben des Finanzamtes, das dich über die Steuerhöhe informiert, die du für einen Zeitraum (meist Kalenderjahr) zahlen musst. Das Finanzamt führt für dich u.a. auf,
- ob eine Steuernachzahlung oder Steuererstattung ansteht,
- welche Berechnung hinter dem Ergebnis steckt,
- welcher Tarifzone du zugeordnet wirst,
- was dein persönlicher Durchschnittssteuersatz ist
- Hinweise des Sachbearbeiters zur Berechnung, Zahlungsfristen und deiner Möglichkeit, gegen den Bescheid Einspruch zu erheben.
Lies mehr dazu im vertiefenden Beitrag „Einkommensteuerbescheid richtig lesen und verstehen“
Wann muss ich Einkommensteuer-Vorauszahlungen machen
Du weißt bereits: Liegt dein jährliches Einkommen über dem Grundfreibetrag, musst du laut EStG Einkommensteuer zahlen. Allerdings nicht alles auf einmal. Als Selbstständiger zahlst du diese in der Regel quartalsweise voraus. Dieser Vorauszahlung liegt eine Schätzung des Finanzamtes zugrunde, die sich an deinem Einkommen aus dem Vorjahr orientiert.
Diese Vorauszahlungen haben diesen Zweck:
- Der Staat bezieht so regelmäßig Einnahmen für die Haushaltskasse.
- Die regelmäßigen Zahlungen der Steuern verringern im Vergleich zu einer Einmalzahlung am Jahresende das Risiko, das Steuerzahler in finanzielle Bedrängnis geraten.
Und wenn du aber mehr verdienst oder weniger? Bleibt es dann bei den Vorauszahlungen oder werden diese angepasst? Lies alles zu den vierteljährlichen Steuervorauszahlungen, ihrer Berechnung und den Fristen im Detailartikel “Einkommensteuer-Vorauszahlungen”.
Zusammenfassung
Wer in Deutschland lebt und Einkommen bezieht, muss Einkommensteuer zahlen. Sie ist die wichtigste Säule für den Staatshaushalt. Wie viel Steuern du zahlst, hängt von deinem zu versteuernden Einkommen ab. Für die meisten Selbstständigen ist dabei entscheidend, dass sie mittels einer EÜR oder Bilanzierung ihren Gewinn genau berechnen. Deine Einkommensteuererklärung musst du fristgerecht abgegeben – üblicherweise bis zum 31. Juli des Folgejahres.