Genossenschaft gründen: Schritt für Schritt zur eG

Möchtest du gemeinsam mit anderen ein Unternehmen gründen? Dann solltest du neben typischen Personen- und Kapitalgesellschaften, wie OHG, KG oder GmbH, eine oft unterschätzte Rechtsform kennenlernen: die Genossenschaft. Sie beruht auf dem Prinzip, den Zusammenschluss der Mitglieder zu nutzen, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. In diesem Ratgeber erfährst du, wie eine Genossenschaft funktioniert, welche Voraussetzungen du dafür erfüllen musst, welche Rolle die Gründungsversammlung spielt und wie du Schritt für Schritt eine Genossenschaft gründen kannst.
Was ist eine (eingetragene) Genossenschaft?
Bei einer Genossenschaft handelt es sich um einen Zusammenschluss mehrerer Personen oder Unternehmen, die ein gemeinsames Ziel oder Interessen verfolgen. Eine Genossenschaft beruht auf demokratischen Grundsätzen. Sie gehört den Mitgliedern, die je nach ihrem Zweck irgendwie geartet von der Genossenschaft profitieren.
Diese können beispielsweise die Mitarbeiter des Unternehmens sein und so besonders motiviert an den Unternehmenszielen arbeiten. Oder sie sind Teil einer Einkaufsgenossenschaft, die sich zusammenschließt, um durch größere Einkaufsmengen bessere Preise zu erreichen. Dementsprechend lassen sich verschiedene Formen von Genossenschaften je nach ihrer individuellen Zielsetzung unterscheiden:
Unterschied Genossenschaft und eingetragene Genossenschaft
Eine nicht eingetragene Genossenschaft genießt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Es handelt sich somit um einen Zusammenschluss, der auf einer anderen Rechtsform beruht, etwa einer GbR oder einer OHG. Diese Art von Genossenschaft unterliegt keinen besonderen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften und sieht keine Haftungsbeschränkung vor.
Eine in das Genossenschaftsregister eingetragene Genossenschaft (eG) hingegen bildet eine eigenständige juristische Person nach dem Genossenschaftsgesetz (GenG) und ist somit eine Kapitalgesellschaft. Ihre Haftung ist auf die Anteile der Mitglieder beschränkt. Voraussetzung ist allerdings die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband.
Haftung in der Genossenschaft
Die eingetragene Genossenschaft (eG) bringt nach dem Genossenschaftsgesetz eine Haftungsbeschränkung auf das Genossenschaftsvermögen mit sich. Entsprechend haftet das Unternehmen nur in Höhe der Anteile der Mitglieder. Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer GmbH, allerdings gibt es bei der Genossenschaft kein vorgeschriebenes Mindestkapital. Jedoch greift die Haftungsbeschränkung erst, wenn die Eintragung in das Genossenschaftsregister erfolgt ist.
Eine Genossenschaft, die nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen worden ist, bietet keine Haftungsbeschränkung. Entsprechend haften die Mitglieder mit ihrem Privatvermögen.
Wann ist die Genossenschaft die richtige Rechtsform?
In Deutschland gibt es über 7.000 Genossenschaften – im Vergleich zu rund 790.000 Kapitalgesellschaften insgesamt. Das zeigt bereits deutlich: Eine Genossenschaft zu gründen passt nicht zu jedem Unternehmen. Die eG ist in diesen Fällen die richtige Rechtsform für dich:
- Du verfolgst einen klaren Förderzweck, der über die reine Gewinnerzielung hinausgeht.
- Du willst gemeinsam mit anderen ein Unternehmen aufziehen.
- Ein Verein schränkt dich in deinen Belangen zu stark ein.
- Du willst Mitarbeiter, Kunden oder Nutzer direkt am Unternehmen beteiligen.
- Du willst das Unternehmensrisiko auf viele Schultern verteilen.
- Dir ist eine demokratische Organisation wichtig, in der nicht nur die Gründungsmitglieder, sondern alle Mitglieder ein Mitspracherecht haben.
- Du brauchst die Möglichkeit, einfach neue Mitglieder aufzunehmen.
Eine Genossenschaft solltest du nicht gründen, wenn du lieber alleine entscheiden willst (auch über die Gewinnverteilung) oder du keine Mitglieder am Unternehmen beteiligen möchtest. Außerdem sollte dir bewusst sein, dass die Aufnahme von Venture Capital für Genossenschaften erschwert ist.
Voraussetzungen für die Gründung einer Genossenschaft
Um eine Genossenschaft gründen zu können, musst du einige Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören:
- mindestens drei Gründungsmitglieder
- Gründung durch natürliche oder juristische Personen
- Zweck: wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Förderung der Mitglieder
- Darstellung des Wirtschaftskonzepts der Genossenschaft
Gründungsteam: Mindestanzahl an Mitgliedern
§ 4 GenG gibt vor, dass du mindestens drei Gründungsmitglieder brauchst, um eine Genossenschaft zu gründen. Möchtest du gleich von Anfang an einen Vorstand und Aufsichtsrat einsetzen, benötigst du wenigstens fünf Gründungsmitglieder.
Wirtschaftskonzept: der Businessplan der Genossenschaft
Das Wirtschaftskonzept einer Genossenschaft zeigt auf, wie deine Genossenschaft Geld verdienen möchte. Dazu gehören der Zweck des Geschäftsbetriebs, die geplanten Tätigkeiten und die geschätzten Einnahmen und Ausgaben. Auch die Investitionen und die eingebrachten Eigenmittel sowie Geschäftsanteile fließen in das Wirtschaftskonzept ein.
Das Wirtschaftskonzept ist eine Art von Businessplan, aber speziell für die Gründung von Genossenschaften. Es muss die Tragfähigkeit der Genossenschaft für mindestens drei Jahre nachweisen.
Tipp: Beim Aufbau des Wirtschaftskonzepts kannst du dich zumindest teilweise am Aufbau eines Businessplans orientieren. Nutze unsere kostenlose Businessplan-Vorlage und lege direkt los.
Die Organe einer Genossenschaft
Grundsätzlich benötigt eine Genossenschaft einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und die Generalversammlung, die aus einer Zusammenkunft aller Mitglieder besteht. Allerdings kannst du auf den Vorstand und Aufsichtsrat vorerst verzichten, wenn die eG nicht mehr als 20 Mitglieder hat (§ 9 Abs. 1 GenG). Das muss dann allerdings in der Gründungssatzung festgehalten werden. In diesem Fall übernimmt die Generalversammlung die Funktionen der entfallenen Organe.
Die Organe der Genossenschaft haben diese Funktionen:
Schritte zur Gründung einer Genossenschaft
Bist du bereits sicher, dass du eine Genossenschaft gründen möchtest? Wir zeigen dir, was dich bei der Gründung erwartet und welche Schritte du erledigen musst.
Geschäftsidee entwickeln und ausarbeiten
Basis deiner Gründung einer Genossenschaft ist eine tragfähige Geschäftsidee. Setze dich mit deiner Idee detailliert auseinander und entwickle sie weiter. Arbeite insbesondere heraus, worin der Mehrwert für die Mitglieder besteht. Nur wenn diese von der Genossenschaft profitieren, geht das Konzept auf.
Tipp: Der Firmenname sollte idealerweise deine Geschäftsidee und Vision widerspiegeln. Fehlt dir noch die passende Idee? Nutze doch den kostenlosen Firmennamen-Generator von sevdesk. Einfach einige passende Begriffe eingeben und schon bekommst du bis zu 20 kreative Vorschläge.
Wichtig: Dein Firmenname muss nach § 3 GenG entweder das Kürzel „eG“ oder die Bezeichnung „eingetragene Genossenschaft“ enthalten.
Finanzplan aufstellen und ggf. Finanzierung klären
Eine Genossenschaft hat spezielle Möglichkeiten der Finanzierung, die anderen Unternehmen nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Darunter fallen etwa die Geschäftsanteile und Mitgliedsbeiträge der Mitglieder oder Darlehen von Genossenschaftsmitgliedern. Auch das Geschäftsmodell trägt zur Finanzierung bei, etwa durch ein Nicht-Mitglieder-Geschäftsmodell, das externe Einnahmequellen erschließt.
Daneben kannst du natürlich eine ganze Reihe klassischer Optionen der Gründungsfinanzierung nutzen, zum Beispiel:
- Gründerkredite
- Förderdarlehen
- Beteiligungskapital (z. B. Business Angels, Venture Capital)
- Crowdfunding
- Leasing
Tipp: Erstelle am besten einen aussagekräftigen Finanzplan. Er ist eine wichtige Grundlage für Entscheidungen und zugleich Bestandteil deines Wirtschaftskonzepts. In unserem Ratgeber erfährst du, wie du einen Finanzplan erstellst.
Satzung erstellen und Geschäftsanteile festlegen
Grundlage der Gründung einer Genossenschaft ist die sogenannte Satzung, eine Art von Gesellschaftsvertrag. Der Mindestinhalt der Gründungssatzung ist in §§ 6 und 7 GenG festgehalten:
- Wie heißt dein Unternehmen und wo hat es seinen Sitz?
- Was ist der Zweck des Geschäftsbetriebs?
- Müssen die Mitglieder im Falle einer Insolvenz Nachschüsse leisten?
- In welcher Form ist die Generalversammlung einzuberufen und wie fasst sie ihre Beschlüsse? Wie werden diese bekannt gemacht?
- Wie macht die Genossenschaft Bekanntmachungen öffentlich?
- Wie hoch sind die möglichen Geschäftsanteile der Mitglieder?
- Wie können die Mitglieder ihren Geschäftsanteil einzahlen?
- Inwieweit ist eine Rücklage für den Ausgleich von Verlusten zu bilden?
Darüber hinaus ist es natürlich möglich, weitere individuelle Vereinbarungen zu treffen, um den Geschäftsbetrieb detailliert zu regeln.
Tipp: Genossenschaftsverbände stellen ihren Mitgliedern Mustersatzungen zur Verfügung. Diese kannst du kostenlos herunterladen und ausfüllen. Erstellst du die Satzung individuell, solltest du sie idealerweise anwaltlich überprüfen lassen
Gründungsversammlung bzw. Generalversammlung abhalten
Bei der Gründungsversammlung kommen alle Gründungsmitglieder zusammen und unterzeichnen die Gründungssatzung. In dieser konstituierenden Sitzung wird die Genossenschaft formal gegründet, auch wenn sie noch nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen ist. Direkt im Anschluss an die Gründungsversammlung kannst du gleich die erste Generalversammlung abhalten. In diesem Rahmen wählen die anwesenden Mitglieder die Organe der Genossenschaft.
Gründungsprüfung durchführen lassen
Da Genossenschaften gewisse Vorteile genießen, unterliegen sie einer fortlaufenden Überprüfung. Dafür musst du Mitglied in einem Prüfungsverband werden und dort die Gründungsunterlagen einreichen. Der Prüfungsverband kontrolliert, ob die Geschäftsidee wirtschaftlich tragfähig ist, die Vermögenslage der Genossenschaft ausreichend ist und welche Risiken es gibt. Nur wenn du die Freigabe vom Verband bekommst, kannst du deine Genossenschaft ins Genossenschaftsregister eintragen lassen.
Die Kontrolle durch den Prüfungsverband wird nach der Gründung alle zwei Jahre erneut durchgeführt. Sofern die Bilanzsumme der Genossenschaft 2 Millionen Euro übersteigt, ist sie sogar jährlich fällig.
Eintragung im Genossenschaftsregister
Mit der Eintragung in das Genossenschaftsregister ist deine Genossenschaft erfolgreich gegründet. Erst jetzt entsteht die Haftungsbeschränkung der eG. Die Eintragung übernimmt ein Notar für dich – du kannst sie nicht selbst vornehmen. Du erhältst daraufhin eine Wirtschaftsidentifikationsnummer, die du im Geschäftsverkehr zur eindeutigen Identifizierung nutzen musst. Nach der Eintragung beim Registergericht darfst du den Geschäftsbetrieb aufnehmen. Falls es später zu Satzungsänderungen oder einer Neubesetzung des Vorstands kommt, musst du das Registergericht darüber informieren.
Gewerbeanmeldung
Auch Genossenschaften müssen ihr Gewerbe beim Gewerbeamt anmelden. Glücklicherweise bleibt dir der Behördengang inzwischen erspart. Du kannst einfach die kostenlose Online-Gewerbeanmeldung von sevdesk nutzen. Erstelle die nötigen Formulare einfach online und sende sie direkt ab.
Zusammenarbeit mit einem Genossenschaftsverband
Entscheide dich frühzeitig für einen Genossenschaftsverband, denn er kann dich bereits während der Gründung unterstützen. Insbesondere die Vorbereitung auf die erfolgreiche Gründungsprüfung ist ein großer Vorteil der Zusammenarbeit mit einem Genossenschaftsverband. Zudem bietet er viele weitere Unterstützungsmöglichkeiten, beispielsweise Schulungsangebote, Netzwerke, Zugang zu Branchenentwicklungen oder Kooperationen.
Kosten und Dauer der Genossenschaftsgründung
Für die Gründung einer Genossenschaft fallen, ähnlich wie bei der GmbH, einige Kosten an, die die Genossenschaft decken muss. Wie lange der Gründungsprozess inklusive Gründungsprüfung dauert, kannst du zumindest ansatzweise selbst beeinflussen.
Notarkosten, Registergebühren und weitere Kosten
Die Kosten für die Genossenschaftsgründung hängen von verschiedenen Faktoren ab. Insbesondere kommen diese Kosten auf dich zu:
- Prüfung im genossenschaftlichen Prüfungsverband (je nach Genossenschaftsverband kostenlos oder mehrere tausend Euro)
- Aufwand für die Erstellung der Satzung (z. B. anwaltliche Prüfung)
- Notarkosten
- Gebühren für die Eintragung in das Genossenschaftsregister
Die gute Nachricht ist: Du brauchst kein Mindestkapital. Entsprechend kannst du eine Genossenschaft auch schon mit geringem Eigenkapital gründen.
Zeitlicher Ablauf des Gründungsprozesses
Wie lange es dauert, eine Genossenschaft zu gründen, hängt davon ab, wie schnell du die einzelnen Schritte durchläufst. Du kannst den Prozess beschleunigen, indem du etwa bereits die notarielle Beurkundung beantragst und die entsprechenden Dokumente nachreichst, während die Gründungsprüfung noch läuft. Lass dich dazu von deinem Notar beraten. Auch bei der Erstellung der Gründungssatzung und der Einberufung der Gründungsversammlung solltest du keine wertvolle Zeit verlieren, wenn du deine Genossenschaft zügig gründen möchtest.
Buchhaltung & Steuern bei Genossenschaften
Bei einer eingetragenen Genossenschaft handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft, die den entsprechenden Buchhaltungspflichten und Steuern unterliegt. Achtung: Lässt du deine Genossenschaft nicht in das Genossenschaftsregister eintragen, gelten die folgenden Ausführungen nicht für dich. Du musst dich dann an der eigentlichen Rechtsform deines Unternehmens orientieren.
Welche Steuern zahlt eine Genossenschaft?
Als Kapitalgesellschaft unterliegt die Genossenschaft denselben Steuern wie eine GmbH:
- Körperschaftsteuer auf die Gewinne der Genossenschaft
- Gewerbesteuer auf den Jahresgewinn
- Umsatzsteuer auf die Umsätze
- Kapitalertragsteuer für Gewinnausschüttungen an die Mitglieder
In bestimmten Fällen sind Genossenschaften steuerlich begünstigt. Bei land- und forstwirtschaftlichen Genossenschaften gibt es etwa einen Freibetrag von 15.000 Euro bei der Kapitalertragsteuer. Daneben gibt es zahlreiche weitere Sonderregelungen, die zu einer Steuerersparnis führen können.
Buchführungspflichten und regelmäßige Prüfungen
Als Kapitalgesellschaft ist deine Genossenschaft buchführungs- und bilanzierungspflichtig. Du bist verpflichtet, deinen Jahresabschluss innerhalb von fünf Monaten nach dem Ende eines Geschäftsjahrs zu erstellen und beim Genossenschaftsverband zur Prüfung vorzulegen. Sobald die Prüfung durchgeführt wurde, musst du den Jahresabschluss beim Genossenschaftsregister veröffentlichen lassen.
Vor- und Nachteile der Genossenschaft
Bist du noch unsicher, ob du eine Genossenschaft gründen solltest? Unsere Übersicht stellt die Vor- und Nachteile der Rechtsform gegenüber:
Alternativen zur Genossenschaft
Nicht für jede Gründung ist die Genossenschaft geeignet. Es gibt eine große Auswahl an Rechtsformen, die du alternativ für die Gründung eines Unternehmens mit mehreren Gesellschaftern nutzen kannst:
Eine so große Auswahl kann ganz schön verwirrend sein, stimmt’s? Lass dich am besten von einer Gründungsberatung dazu beraten, welche Rechtsform am besten zu deinem Gründungsvorhaben passt.
Zusammenfassung zur Gründung einer Genossenschaft
Eine Genossenschaft zu gründen ist für dich eine sinnvolle Option, wenn du dir eine gleichberechtigte Gemeinschaft vorstellst, die gemeinsam über die Entwicklung des Unternehmens bestimmt. Die Haftungsbeschränkung und die Möglichkeit der Gründung ohne Mindestkapital macht die Rechtsform durchaus interessant. Sie hat allerdings auch Nachteile, die du in deine Entscheidung einbeziehen solltest. Ehe du dich dafür entscheidest, eine Genossenschaft zu gründen, solltest du dich idealerweise beraten lassen, etwa in Hinblick auf die möglichen steuerlichen Vorteile.