Latente Steuern berechnen und buchen: Schritt für Schritt
Latente Steuern entstehen, wenn die Steuerbilanz und die Handelsbilanz verschiedene Wertansätze aufweisen. Sie führen dann zu einer unterschiedlichen Steuerbelastung. Erfahre hier, wer latente Steuern ausweisen muss und wie du sie richtig berechnest und buchst.
Definition: Was sind latente Steuern?
Latente Steuern entstehen immer dann, wenn Vermögensgegenstände oder Schulden in der Steuerbilanz und Handelsbilanz mit unterschiedlichen Wertansätzen angesetzt werden. Es entsteht dann eine Differenz, die du in der Handelsbilanz als latente Steuern angibst. Im Prinzip handelt es sich dabei eine Forderung oder eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Du aktivierst in deiner Bilanz einen Vermögensgegenstand. In der Steuerbilanz musst du linear abschreiben. In der Handelsbilanz nutzt du hingegen die anfangs günstigere degressive Abschreibung, um einen größeren Teil der Anschaffungskosten absetzen zu können. Das mindert deinen Gewinn und würde dir Steuervorteile verschaffen. Für die Berechnung der Steuerlast ist jedoch allein die Steuerbilanz relevant. Der entstandene Überhang wird als latente Steuern handelsbilanziell aktiviert.
Aktive vs. passive latente Steuern
Der Gesetzgeber unterscheidet aktive und passive latente Steuern. Die wichtigsten Unterschiede zeigt dir diese Übersicht:
§ 268 Abs. 8 HGB definiert eine Ausschüttungssperre für aktive latente Steuern. Du darfst Gewinne lediglich dann ausschütten, wenn der im Unternehmen verbleibende Betrag unter Berücksichtigung der erforderlichen Rücklagen mindestens die Höhe des latenten Steueraufwands aufweist.
Zeitlich begrenzte oder permanente Differenz
Ob du die Steuerbe- und Steuerentlastung in Form von latenten Steuern in der Handelsbilanz angeben darfst bzw. musst, hängt von der zeitlichen Ausgestaltung der Differenz in der Gewinnermittlung ab:
- Zeitlich begrenzte Differenzen: Ein gutes Beispiel für zeitlich begrenzte Differenzen sind Abschreibungen. Unterscheiden sich die Wertansätze zwischen Handels- und Steuerbilanz, gleicht sich dieser Unterschied spätestens bei vollständiger Abschreibung wieder aus. Im Regelfall lässt sich von vornherein absehen, wann dieser Zeitpunkt etwa eintreten wird. Es dürfen latente Steuern ausgewiesen werden.
- Quasi-permanente Differenzen: Auch bei diesen Abweichungen bei der Steuerlast ist in der Zukunft ein Ausgleich zu erwarten. Wann dieser Zeitpunkt eintreten wird, ist jedoch ungewiss. Ein typischer Fall ist die unterschiedliche Bewertung von Grundstücken. Diese Differenz lässt sich erst beim Verkauf des Grundstücks ausgleichen. Auch sie geht als latente Steuern in die handelsbilanzielle Gewinnermittlung ein.
- Permanente Differenzen: Bei dieser Variante ist ein Ausgleich in der Zukunft nicht zu erwarten. Diese Differenzen dürfen nicht als latente Steuern ausgewiesen werden. Sie entstehen beispielsweise, wenn Betriebsausgaben oder Einnahmen im Handels- und Steuerrecht unterschiedlich bewertet werden (z. B. steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben für Geschenke, Bewirtungskosten in voller Höhe).
Besondere Vorsicht solltest du walten lassen, wenn du latente Steuern auf Verlustvorträge aktivieren möchtest. Das darfst du nur, wenn du tatsächlich mit der entsprechenden Steuerbelastung oder Steuerentlastung rechnest. Bei Verlustvorträgen ist das nur zulässig, wenn du in den nach der Bilanz folgenden fünf Geschäftsjahren eine Verlustverrechnung für realistisch hältst.
Bedeutung latenter Steuern für Unternehmen
Latente Steuern sind vor allem für große bis mittlere Kapitalgesellschaften relevant, weil sie zum Ausweis verpflichtet sind. Während für aktive latente Steuern ein Aktivierungswahlrecht besteht, müssen sie passive latente Steuern zwingend ausweisen. Kleine und Kleinstkapitalgesellschaften hingegen sind nach § 274 HGB in den meisten Fällen von dieser Verpflichtung befreit.
Latente Steuern berechnen - Methoden & Vorgehen
Um die latenten Steuern zu berechnen, musst du zunächst den Differenzbetrag zwischen den zwei Bilanzarten ermitteln. Dafür gibt es zwei Methoden.
Variante A) Liability-Methode
Bei der Liability-Methode ermittelst du die Steuerbe- oder Steuerentlastung nach der bilanzorientierten Methode. Dazu siehst du dir nicht nur das reine Ergebnis der Gewinnermittlungen an, sondern vergleichst jede einzelne Position. Anschließend addierst du alle aktiven und alle passiven latenten Steuern jeweils zu einem gesonderten Posten. Davon ausgehend kannst du anhand der zukünftigen Steuersätze die Berechnung vornehmen. Man spricht auch von der bilanzorientierten Verbindlichkeitsmethode oder der zukunftsbezogenen Methode.
Variante B) Deferral-Methode
Bei dieser auch als Abgrenzungsmethode bezeichneten Variante orientierst du dich an der Gewinn- und Verlustrechnung. Du ermittelst eine Steuerlast, die einen Zusammenhang mit dem Ergebnis der Gewinnermittlung aufweist. Dabei nimmst du Korrekturen anhand eines fiktiven Steueraufwands vor. Die Bewertung der latenten Steuern erfolgt mithilfe der aktuell gültigen Steuersätze, weshalb von der gegenwartsbezogenen Methode gesprochen wird.
Latente Steuern berechnen – so geht’s
Möchtest du die latenten Steuern berechnen, gehst du folgendermaßen vor:
- Schritt 1: Entscheide dich für die Liability- oder Deferral-Methode und ermittle so die Differenz zwischen der Steuer- und Handelsbilanz.
- Schritt 2 : Multipliziere den Differenzbetrag mit dem gewählten Steuersatz – entweder dem aktuell gültigen oder dem zukünftigen.
- Schritt 3: Weise die latenten Steuern in deiner Handelsbilanz aus.
Ein Beispiel: Du nutzt in Handels- und Steuerbilanz unterschiedliche Abschreibungsmethoden. Dadurch hast du in der Handelsbilanz 50.000 Euro Abschreibungen, in der Steuerbilanz hingegen nur 45.000 Euro. Auf die Differenz von 5.000 Euro wendest du den zutreffenden Steuersatz an. Beträgt dieser beispielsweise 30 Prozent, betragen die latenten Steuern 5.000 Euro x 0,30 = 1.500 Euro.
Latente Steuern buchen
Hast du die latenten Steuern korrekt ermittelt, musst du die Steuerbe- oder Steuerentlastung richtig buchen. Die erforderlichen Buchungssätze zeigt dir die folgende Übersicht:
Wichtig: Die auf die Konten für latente Steuern gebuchten Beträge bleiben so lange in der Bilanz stehen, bis die Steuerbelastung aufgelöst wird.
Latente Steuern in der Bilanz korrekt aufführen
Nun sehen wir uns an, wie du die latenten Steuern in der Bilanz richtig ausweist. § 266 HGB sieht dazu zwei Stellen vor
- Aktive latente Steuern: auf der Aktivseite unterhalb der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten
- Passive latente Steuern: auf der Passivseite nach den passiven Rechnungsabgrenzungsposten
Du hast selbst die Wahl, ob du aktive und passive latente Steuern getrennt voneinander ausweisen möchtest oder ob du sie saldierst und nur auf einer Seite deiner Bilanz darstellst.
Auch in der Gewinn- und Verlustrechnung tauchen die latenten Steuern auf – nämlich, wenn du latente Steuern bildest oder auflöst. Gib sie unter „Steuern vom Einkommen und Ertrag“ an. Bist du zur Anfertigung eines Anhangs zur Bilanz verpflichtet (z. B. bei einem Konzernabschluss), musst du hier detailliert darlegen, wie sich die ausgewiesenen latenten Steuern zusammensetzen.