„Mach dich doch selbstständig – dann hast du mehr Freizeit und trotzdem mehr Geld“ – Das Bild des vermögenden Selbstständigen ist weit verbreitet. Der Stereotyp fährt ein großes Auto, besitzt ein Eigenheim und kann mehrmals im Jahr verreisen.
Was oftmals in den Hintergrund rückt, Selbstständigkeit kann auch anders aussehen:
morgens halb sechs wird der Kiosk aufgeschlossen. Auf einem 10qm großen Verkaufsraum werden Zigaretten, Zeitung und Zeitschriften einsortiert und zum Verkauf angeboten. Das Geld reicht gerade mal zum Überleben. An freie Tage und Urlaub ist gar nicht erst zu denken. Im Krankheitsfall bleibt das Geld einfach weg.
Zu 100% auf seinen Job und seine Selbstständigkeit angewiesen zu sein, kann hart sein. Selbstständigkeit hat viele Gesichter – doch wie viel verdient ein Selbstständiger in Deutschland wirklich?
Studien beweisen – Selbstständige arbeiten in der Regel länger als ihre Angestellten und sind trotzdem glücklicher. Sie haben eine höhere Lebenszufriedenheit, wobei unterschieden werden muss, ob sich die Person aus unternehmerischer Perspektive für die Selbstständigkeit entschieden hat oder um der Arbeitslosigkeit zu entgehen. Aber woher kommt diese hohe Zufriedenheit? Die Gründe sind so vielfältig wie die Unternehmer selbst:
Der Traum vom großen Geld kann jedoch nicht immer erfüllt werden. Das lässt sich häufig auf einfache Fehler zurückführend, die du vermeiden kannst. Daher will ich dir zeigen, woraus dein Arbeitslohn besteht, wie viel ein Selbstständiger überhaupt verdient und welche Lohnunterschiede es zwischen einzelnen Branchen gibt.
Vorab dient die Auflistung deiner monatlichen Kosten als Grundalge für die Kalkulation deines eigenen Lohns.
Arbeitnehmer sind über ihre Versicherungen, die im Lohn eingeschlossen sind, abgesichert. Anders ist es bei Selbstständigen, sie sind selbst dafür verantwortlich die Kosten vollends zu übernehmen. Auch wenn die Beträge für die private Altersvorsorge monatlich einen großen Teil einnehmen, ist es dennoch sinnvoll solche Vorsorgeverträge abzuschließen. Denn auf die gesetzliche Rente kannst du dich nicht unbedingt vollständig verlassen. Durch ein erfolgreiches und gut funktionierendes Unternehmen sicherst du dich selbst für die Zukunft ab.
Gemeinsame Abzüge bei Arbeitnehmern und Selbstständigen sind:
Anna Angestellt ist 29 Jahre alt und arbeitet als Reiseverkehrskauffrau in einem kleinen Reisebüro. Sie ist ledig und hat keine Kinder. Sie zahlt keine Kirchensteuer und wird in die Steuerklasse 1 eingeordnet.
Damit Anna Angestellt einen Nettolohn von 1.500€ erhält, muss ihr Bruttolohn 2.247,11€ betragen. Ihr Lohn setzt sich aus 747,51€ Sozialabgaben und Steuern zusammen. Zudem zahlt Anna Angestellt’s Arbeitgeber „Schöner Reisen“ 421,98€ Sozialabgaben.
Alles in allem macht dies eine Summe von 2.669,48€, die der Arbeitgeber für seine Angestellte aufwenden muss, damit diese 1.500€ erhält.
Simon Selbstständig zahlt sich seinen Lohn selbst aus. Das macht er abhängig von seinem Umsatz beziehungsweise Gewinn oder Verlust. Die Berechnung seines Lohns von 1.500€ ist jedoch komplexer als bei Anna Angestellt. Simon Selbstständig ist ledig, hat keine Kinder und bezieht keine Gründungszuschüsse. Er zahlt keine Kirchensteuer und ist 32 Jahre alt.
2017 liegt der durchschnittliche Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung bei 15,7%. Dieser setzt sich zusammen aus dem gesetzlich vorgegebenen und einem zusätzlichen Beitrag. Der Zusatzbeitrag wird vom Arbeitnehmer alleine getragen, wobei der gesetzliche Anteil zwischen Arbeitnehmer und -Geber aufgeteilt wird. Da Simon aber selbstständig ist, muss er seine Krankenversicherung selbst verantworten und sie selbst vollständig zahlen. Sein Beitrag orientiert sich an Simons Einnahmen, die Einkünfte aus der Selbstständigkeit, Kapitalerträge und Mieteinnahmen beinhalten. Damit die Krankenkasse seine Einnahmen überprüfen kann, muss er sie nachweisen.
Jetzt kann Simon noch zwischen einer Krankenversicherung ohne oder mit Krankengeldanspruch wählen. Er trifft die bessere Entscheidung – mit Krankengeldanspruch. So liegt sein Mindestbeitrag bei mindestens 408€.
Neben der Krankenversicherung muss Simon auch für seine Rente selbst aufkommen. Da er noch keine 3 Jahre selbstständig ist, entscheidet er sich für den halben Regelbeitrag. Der monatliche Durchschnitt liegt hier etwa bei 270€. Mit durchschnittlichen 550€ liegt der volle Beitrag deutlich höher.
Empfehlenswert ist eine Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit. Jedoch ist diese freiwillig und beträgt in Westdeutschland 82,95€ und in Ostdeutschland 70,35€. Für die Gründer gibt es die Möglichkeit im Jahr der Geschäftsaufnahme und das darauflegen Jahr nur den halben Betrag zu zahlen. Die Pflegeversicherung kann auch freiwillig geleistet werden.
Somit sind für Simon Selbstständig etwa 800€ für Sozialleistungen fällig. Zudem muss er Betriebskosten in seinen Lohn einkalkulieren. Das heißt Fixkosten und die Einkommensteuer werden dazu gerechnet, diese liegen meist nicht unter 500€. Angenommen Simon zahlt sich einen Lohn von 1500€ aus, muss er einen Gewinn von mindestens 2800€ erwirtschaften.
Hierzu können zur Vollständigkeit noch drei Wochen Urlaub beziehungsweise Krankheitstage hinzugerechnet werden. Demzufolge sollte Simon Selbstständig sollte Gewinn von mindestens 3000€ erzielen, um kontinuierlich 1.500€ zu erhalten.
Anna Angestellt kann ihren Stundenlohn einfach berechnen. Sie hätte bei einem Lohn von 1.500€ einen Stundenlohn von 16,70€, wenn sie monatlich 160 Stunden arbeitet. Den Lohn erhält sie auch, wenn sie krank ist oder Urlaub hat.
Für Simon Selbstständig würde das bedeuten, dass auch er einen Stundenlohn von 16,70€ erhalten würde, wenn er eine 40 Stundenwoche hätte. Dies ist jedoch nicht realistisch. Simon Selbstständig wendet sehr viel mehr Stunden in der Woche für seine Arbeit auf. Somit ist die Angabe eines Stundenlohns nicht umsetzbar. Simon Selbstständig arbeitet somit sehr viele Stunden unbezahlt, die er mit Akquise, Vor- und Nachbereitung, Supportfragen und Kundenbetreuung füllt. Betriebskosten und wirtschaftliche Risiken sollte Simon Selbstständig daher in seine Lohnberechnung mit einkalkulieren.
Die wöchentliche Arbeitszeit, die ein Selbstständiger für sein Unternehmen aufwendet, ist um ein vielfaches höher als ein Angestellter für seine Arbeit aufwendet. Die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers ist generell durch das Arbeitszeitgesetzt geregelt. Die wirkliche Arbeitszeit richtet sich jedoch noch Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge. Er kann zwar Überstunden machen, aber wird schlechtesten Falls nicht dafür vergütet. Der Selbstständige weiß wofür er arbeitet. Sein Unternehmen gehört zu ihm und lässt sich oftmals nur schwer vom Privatleben trennen.
Als Selbstständiger hat man die Freiheit seinen Lohn selbst zu bestimmen. Die Schwierigkeit liegt darin, die richtige Höhe zu ermitteln. Daher stellt sich die Frage, wie viel kostet meine erbrachte Leistung?
Doch womit lässt sich mehr verdienen? Lieber eine gesicherte Position behalten, aber dadurch wenig Aufstiegschancen haben oder doch lieber ökonomische Risiken eingehen mit der Aussicht auf eine hohe Risikoprämie?
Studien mit Einkommensranglisten gibt es reichlich. Letztlich haben alle gemeinsam, dass sie zu dem Entschluss kommen, dass es eine breite Streuung des Einkommens bei Selbstständigen gibt. Es wird jedoch unterschieden zwischen Solo-Selbstständigen und Selbstständigen mit Beschäftigten. Der grundlegende Unterschied ist, dass Solo-Selbstständige ein Geschäft komplett allein leiten und ausführen. Selbstständige mit Beschäftigten arbeiten als Arbeitgeber und verteilen ihre Aufgaben an Arbeitnehmer. Zwischen den Formen der Selbstständigkeit gibt es große Unterschiede in Bezug auf die Größe des Einkommens.
Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung beschäftigt sich unter anderem mit der Einkommenshöhe von Selbstständigen und Arbeitnehmern. Im Jahr 2015 veröffentlichten sie einen Bericht über den Einkommensvergleich. Der Vergleich des Einkommens pro Stunde zeigt, dass Solo-Selbstständige und Selbstständige mit Beschäftigten sehr häufig mehr verdienen als der gewöhnliche Arbeitnehmer. Im Durchschnitt verdient der Solo-Selbstständige knapp 3€ mehr pro Stunde und der Selbstständige mit Beschäftigten 6€ mehr pro Stunde als ein Arbeitnehmer – wichtig ist zu betonen, dass es sich um Median-Werte handelt.
Bei Betrachtung der gesamten Einkommensverteilung erkennt man die große Spannweite der Ertragsmöglichkeiten. Die Streuung lässt sich mithilfe der Standardabweichungen messen – je höher die Abweichung, desto höher ist die Einkommensstreuung. Die Streuung ist bei Selbstständigen dreimal so hoch wie bei Beschäftigten.
Die Selbstständigkeit geht mit Chancen auf ein relativ hohes Einkommen und Risiko auf niedriges Einkommen einher. Auffallend ist, dass Solo-Selbstständige höhere Standardabweichungen als Selbstständige mit Mitarbeitern haben. Die untersten 10% der Selbstständigen mit Beschäftigten verdienen pro Stunde weniger als die untersten 10% der Beschäftigten – die übrigen 90% verdienen mehr als 90% der abhängig Beschäftigten. Dieser Wechsel ist bei Solo-Selbstständigen erst bei 60% – mehr als 40% der Solo-Selbstständigen haben ein höheres Einkommen als abhängig Beschäftigte.
Der Lohn eines Selbstständigen hat eine große Streuung. Er reicht gerade mal von der Existenzsicherung bis hin zum finanziellen Reichtum.
Beispiele für Gering- und Großverdiener sind der Kiosk Besitzer Karlo Kiosk und der Vermögensberater Bruno Berater. Beide sind Solo-Selbstständige ohne Angestellte. Der Besitzer Karlo Kiosk (über-)lebt mit einem sehr geringen Einkommen. Die Fixkosten übersteigen seine Einnahmen beinahe komplett. Da bleibt nicht viel übrig für einen Lohn. Er steht sechs Tage die Woche, beinahe 10 Stunden täglich, in seinem kleinen Verkaufsraum direkt in der Innenstadt. Der Konkurrenzdruck ist hoch – umliegende Kiosk-Stände, Zigarettenautomaten, E-Papers. Zeitungen und Zeitschriften werden immer weniger verkauft. Karlo Kiosk liegt mit seinem Lohn weit unter dem Mindestlohn von 8,50€ pro Stunde.
Damit ist er nicht allein, laut Welt seien es in Deutschland 1,1 Millionen Selbstständige, die nicht einmal 8,50€ brutto in der Stunde verdienen. Darstellende Künstler, Tänzer, Schauspieler oder Geistes- und Kunstwissenschaftler sind nur ein paar Beispiele der Geringverdiener.
Andere Selbstständige können sich zu den Spitzenreitern des Einkommens zählen. Im Durchschnitt verdient ein Selbstständiger mehr als ein Arbeitnehmer, wie ich dir oben aufgezeigt habe. Es lohnt sich also doch noch, wie auch bei Bruno Berater. Der Vermögensberater kann seine Preise für seine Dienstleistung absolut frei selbst bestimmen. Er macht hohe Gewinne und kann sich etwas zur Seite legen. Bruno Berater nimmt sich die Freiheit, zu sagen, wann er arbeitet und wann er Zeit mit seinen Kinder verbringen will. Trotzdem arbeitet er bei einer 60-Stundenwoche mehr als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer.
Vergleichbare Besserverdiener sind Steuerberater, Softwarespezialisten und Wirtschaftsprüfer. Bereits eine Studie aus dem Jahr 2010 gib Focus deckte beim Gehaltsreport auf, dass Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer unter den Top 5 der Spitzenverdiener eingeordnet werden können. Zu den niedrig Verdienern gehören unter anderem Tankwart, Taxifahrer, Kosmetikerin.
Das Einkommen wird durch Faktoren wie Ausbildung, Alter, Berufserfahrung, Migrationshintergrund, Geschlecht und geleistete Arbeitszeit beeinflusst. Aber auch Know-How, Durchhaltevermögen und Fleiß zahlen sich positiv aus.
Besonders am Anfang der Gründung werden wenig Umsätze generiert und ein Gehalt kann noch nicht ausgezahlt werden. Nur Verluste zu erzielen ist sehr oft die erste Phase der Selbstständigkeit, dabei spielt die Ausbildung eine untergeordnete Rolle. Letztendlich ist es aber von großer Bedeutung, in welcher Branche du aktiv bist.
Wenn du dich selbstständig machst, hast du es nicht immer einfach und gehst durch Höhen und Tiefen. Besonders der Start und die Zeit der Etablierung können lange Durststrecken sein. Trotzdem ist es häufig eine bessere Alternative zur Arbeitslosigkeit oder Festanstellung als Angestellter. Letztendlich solltest du jedoch beachten, dass Selbstständigkeit keinen Sinn macht, wenn du es nur wegen des Geldes machst.
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