Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft: Alles was du wissen musst
Als Unternehmer möchtest du gewährleisten, dass deine Mitarbeiter im Falle eines Arbeitsunfalls gut abgesichert sind. Hier kommt die Berufsgenossenschaft (BG) ins Spiel. Aber welche Aufgaben übernimmt die BG und wo genau liegt der Unterschied zu einer herkömmlichen Versicherung?
Unser Ratgeber bietet dir einen umfassenden Überblick über die Funktion und Aufgaben der Berufsgenossenschaft.
Was ist eine Berufsgenossenschaft
Medizinische Kosten werden in Deutschland von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung übernommen. Allerdings ist das nicht immer so. Für Kosten bei Arbeitsunfällen, Wegeunfällen zum oder vom Arbeitsort oder bei berufsbedingten Erkrankungen springen die Berufsgenossenschaften ein. Wo liegt jetzt aber der Unterschied? Berufsgenossenschaften sind gesetzliche Unfallversicherungsträger, die speziell für die Absicherung von Beschäftigten in der Privatwirtschaft zuständig sind.
Grundsätzlich gibt es 3 gesetzliche Unfallversicherungsträger:
- die gewerblichen Berufsgenossenschaften für die Privatwirtschaft
- die Unfallkassen der öffentlichen Hand für Mitarbeiter des öffentlichen Sektors und Schüler
- die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für Betriebe in der Landwirtschaft
Für dich als Unternehmer sind grundsätzlich die Berufsgenossenschaften zuständig.
Eine Berufsgenossenschaft wird sowohl von Vertretern der Arbeitgeberseite als auch der Arbeitnehmerseite geleitet. Diese werden zuvor von den Mitgliedsunternehmen und den Beschäftigten gewählt. So können beide Seiten sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen optimal sind und im Falle eines Unfalls oder Krankheiten angemessene Unterstützung bzw. Versicherungsleistungen bereitgestellt werden.
Berufsgenossenschaften sind nach Branchen und Wirtschaftszweigen organisiert. Innerhalb der jeweiligen Branchen kümmern sich die BGs um die spezifischen Belange und Risiken der Arbeitsumgebung: Sie bieten passende Leistungen und Schutzmaßnahmen für die dort Beschäftigten an.
Ein Beispiel: Die Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro und Medienerzeugnisse (BG ETEM) ist u.a. für die Sicherheit am Arbeitsplatz dieser Tätigkeitsbereiche zuständig.
Organisiert sind die einzelnen Berufsgenossenschaften im Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV). Der DGUV koordiniert und unterstützt die Arbeit der einzelnen Berufsgenossenschaften und sorgt für einen einheitlichen Standard im Bereich Unfallversicherung und Arbeitsschutz.
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften finanzieren sich durch die Beiträge der Unternehmen, die beitragspflichtig sind. Anders als bei normalen Krankenversicherungen müssen Arbeitnehmer nicht direkt für die Berufsgenossenschaft zahlen. Daher findet man ihre Beiträge auch nicht auf der Gehaltsabrechnung. Deshalb wird die Berufsgenossenschaft oft als „unsichtbare Krankenversicherung“ bezeichnet.
Was tun Berufsgenossenschaften?
Vielleicht hattest du schon einen Arbeitsunfall? Dann weißt du, wie sehr dieser das Leben beeinflussen kann. In solch einem einschneidenden Moment steht die Berufsgenossenschaft den beteiligten Parteien zur Seite. Sie sind wie ein Sicherheitsnetz, das Arbeitgeber, Arbeitnehmer und ihre Familien auffängt. Gemäß § 192 des Sozialgesetzbuches VII (SGB) sind sie im Notfall dafür da, die Betroffenen zu entschädigen.
Das Angebot der Berufsgenossenschaften reicht weit über die reine Unfallkasse hinaus: Neben Schulungen und Unterstützung bei der Einführung von Arbeitsschutzmaßnahmen beteiligen sich die BGs ebenso an Forschungen und Entwicklungsarbeit hinsichtlich der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Sie analysieren Unfallursachen, erforschen neue Sicherheitstechnologien und entwickeln Richtlinien zur Risikominderung. Zu ihren Hauptaufgaben gehört auch, Arbeitnehmer über Arbeits- und Wegeunfälle, Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken aufzuklären.
Für wen ist die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft Pflicht?
Jedes neu gegründete Unternehmen muss sich gemäß § 192 SGB VII innerhalb einer Woche nach der Gewerbeanzeige bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anmelden. Die Mitarbeiter des Unternehmens sind nach der Anmeldung automatisch mitversichert. Die Versicherungspflicht gilt aber auch, wenn noch keine Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt sind.
Gesetzlich gesehen gilt diese Pflichtversicherung bei der Berufsgenossenschaft für fast alle Betriebe, Einrichtungen und Selbstständige. Es spielt keine Rolle, wie groß das Unternehmen ist. Die Berufsgenossenschaftspflicht gilt ebenso für das Kleingewerbe, mit oder ohne Angestellte.
Wenn du dich jetzt fragst, warum die Anmeldung eine gesetzliche Pflicht ist, ist das einfach erklärt: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten können schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben und hohe Kosten nach sich ziehen. Durch die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft sind Unternehmer dazu verpflichtet, einen Beitrag zur Finanzierung dieser Leistungen zu zahlen. Die gesetzliche Anmeldepflicht stellt sicher, dass alle Unternehmen gleichermaßen Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter übernehmen und im Falle von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten angemessen unterstützen.
Unser Tipp: Melde dein Unternehmen rechtzeitig bei der Berufsgenossenschaft an! Versäumst du es, dich anzumelden, oder machst es einfach nicht, können Bußgelder drohen. Im schlimmsten Fall könnte dein Betrieb geschlossen werden. Außerdem bist du ohne diese Anmeldung im Falle eines Arbeitsunfalls oder bei einer berufsbedingten Krankheit nicht abgesichert und du könntest ohne finanzielle Unterstützung dastehen.
Wer kann sich freiwillig bei der Berufsgenossenschaft anmelden?
Die Versicherungspflicht für dein Unternehmen gilt nicht automatisch auch für dich als Unternehmer. Du hast allerdings die Möglichkeit, dich freiwillig über eine Berufsgenossenschaft zu versichern. Denn die Berufsgenossenschaften bieten nicht nur einen Unfallversicherungsschutz für Arbeitnehmer, sondern auch für selbstständige Unternehmer.
Landwirtschaftliche Betriebe haben ebenfalls keine Versicherungspflicht. Sie können sich entweder für die Berufsgenossenschaft für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (kurz: BGW) entscheiden oder sich über die landwirtschaftliche Unfallversicherung (LUV) absichern lassen. Die LUV bietet ähnliche Leistungen wie die Berufsgenossenschaften, ist jedoch noch spezieller auf die Bedürfnisse von landwirtschaftlichen Betrieben zugeschnitten.
Für Berufe im öffentlichen Sektor, wie z. B. Lehrer oder Polizisten, sind in der Regel nicht die Berufsgenossenschaften zuständig, sondern die Unfallkassen bzw. die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Diese bieten ihren Mitarbeiter ähnliche Leistungen wie Berufsgenossenschaften, sind aber speziell auf die Bedürfnisse und Risiken des öffentlichen Sektors abgestimmt.
Als Freiberufler kannst du dich freiwillig gegen Arbeits- und Wegeunfälle versichern. Normalerweise besteht keine Versicherungspflicht bei einer Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Wenn deine Tätigkeit ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich bringt. In diesem Fall musst du dich versichern, z. B. wenn du Mitglied der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) bist.
Versicherungspflichtige Tätigkeiten sind:
- Krankengymnasten, Physiotherapeuten, Masseure
- Hebammen
- medizinische Bademeister
- Fußpfleger
- Logopäden
- Kranken- und Altenpfleger
Was ist die zuständige Berufsgenossenschaft für mein Unternehmen?
Unsere übersichtliche Tabelle ermöglicht es dir, schnell die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse zu finden. Wir haben alle Berufsgenossenschaften nach Tätigkeitsbereichen sortiert und die Kontaktdaten übersichtlich zusammengestellt.
Falls du dir unsicher bist, welche Berufsgenossenschaft für dein Unternehmen zuständig ist, kannst du dich am besten an die Infoline der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) unter der Telefonnummer 0800 60 50 40 4 (kostenfreier Anruf) wenden.
Wie melde ich mein Unternehmen bei der Berufsgenossenschaft an?
Für die Anmeldung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft bist du selbst verantwortlich. Am besten erledigst du das direkt im Anschluss an die Anmeldung beim Gewerbeamt. Nach der Gründung deines Unternehmens hast du nämlich nur eine Woche Zeit dafür. Das ist in § 192 Sozialgesetzbuch (SBG) VII geregelt. Keine Sorge - die Anmeldung nimmt nicht viel Zeit in Anspruch und ist in drei Schritten erledigt:
Schritt 1: Finde heraus, welches die zuständige Berufsgenossenschaft ist
Mithilfe unserer Tabelle kannst du herausfinden, welche Berufsgenossenschaft für dich zuständig ist. Es ist wichtig, dass du dich an die richtige Stelle wendest. Jede BG hat ein eigenes Anmeldeformular, das dir als Download auf der Webseite der jeweiligen Berufsgenossenschaft zur Verfügung steht. Als Beispiel nutze gerne diesen allgemeinen Vordruck zur Meldung zur gesetzlichen Unfallversicherung nach § 192 SGB VII.
Unser Tipp: Am einfachsten ist es, wenn du den gesamten Anmeldeprozess online durchführst.
Schritt 2: Reiche das Anmeldeformular ein
Das Anmeldeformular ist überschaubar und mit wenig Aufwand ausgefüllt. Abgefragt werden Informationen über dein Unternehmen sowie Angaben zu den Tätigkeiten und den Beschäftigten. Nachdem du die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft eingereicht hast, werden deine Angaben geprüft und deine Beiträge für die Unfallversicherung berechnet.
Schritt 3: Beitragsberechnung und Bestätigung deiner Mitgliedschaft
Die Höhe der Beiträge hängt von der Lohnsumme deines Unternehmens, die Gefährdungslage deiner Branche und der Anzahl der Mitarbeiter ab. Solltest du keine Mitarbeiter beschäftigen, entfällt für dich die Beitragszahlung.
Nach Abschluss der Anmeldung erhältst du eine Bestätigung von der Berufsgenossenschaft über die Mitgliedschaft deines Unternehmens. Du bekommst auch eine Unternehmensnummer zugewiesen, die du für mögliche Versicherungsfälle benötigst. Diese Unternehmensnummer solltest du griffbereit haben, um im Bedarfsfall schnell handeln zu können.
Wichtig zu wissen: Ändert sich die Rechtsform deines Unternehmens (z.B. aus einem Einzelunternehmen wird eine GmbH), musst du diese Änderung deiner Berufsgenossenschaft innerhalb von vier Wochen melden. Dieser Meldepflicht unterliegen alle Mitglieder.
Welche Unterlagen brauche ich für die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft?
Das Anmeldeformular der Berufsgenossenschaften ist überschaubar. Abgefragt werden folgende Angaben:
- Rechtsform und Gegenstand des Unternehmens
- Zahl der Versicherten
- Tag der Eröffnung des Unternehmens
- Anzahl der Mitarbeiter
- Name der Gesellschafter
- ggf. Anteil am Stammkapital
Je nach individueller Situation brauchst du ergänzende Unterlagen, wie z. B.
- eine Anmeldebestätigung vom Gewerbeamt
- einen Handelsregisterauszug
- ggf. einen Gesellschaftsvertrag
Wie berechnen sich die Höhe der Versicherungsbeiträge?
Die Höhe der Versicherungsbeiträge, die du an die Berufsgenossenschaft zahlen musst, variiert. Folgende Faktoren werden für die Berechnung des Versicherungsbeitrages berücksichtigt:
- Branche des Unternehmens
- Anzahl der Mitarbeiter
- Lohnsumme
- individuelle Risikobewertung
Der Beitrag wird zunächst anhand der Entgeltsumme des Unternehmens berechnet. Je höher die Lohn- und Gehaltssumme der Beschäftigten ist, desto höher fällt in der Regel der Beitrag aus. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Anzahl und Schwere der Arbeitsunfälle in der Branche des Unternehmens.
Klingt kompliziert? Dann lass uns das an einem Beispiel verdeutlichen: In der Bauwirtschaft, einer Branche mit vergleichsweise vielen und schweren Arbeitsunfällen, können die Beiträge tendenziell höher ausfallen als in Bürojobs mit geringerem Unfallrisiko. Die Berufsgenossenschaften verwenden diese Beiträge, um Präventionsmaßnahmen zu finanzieren und im Falle von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten Entschädigungen und Rehabilitation für die Betroffenen zu gewährleisten.
Die Berechnung der Gefahrenklassen ist gesetzlich geregelt und die Beitragshöhen für die Berufsgenossenschaft können je nach individueller Situation sehr unterschiedlich ausfallen. Eine pauschale Angabe ist nicht möglich. Wenn du konkrete Informationen zu deiner voraussichtlichen Beitragshöhe erfahren möchtest, wende dich gerne direkt an deine zuständige Berufsgenossenschaft.
Diese Leistungen übernimmt die BG im Versicherungsfall
Die Aufgaben der Berufsgenossenschaften lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen: Prävention, Rehabilitation und Entschädigung.
Prävention
- Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
- Förderung von betrieblichem Gesundheitsschutz und Sicherheitsmaßnahmen
- Aufklärung über Gefahren am Arbeitsplatz
- Beratung zu Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen
- Kontrolle der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften
- Durchführung von Schulungen und Seminaren zur Unfallprävention
- Zertifizierung von Betrieben und Mitarbeitern in Sicherheitsfragen
Rehabilitation
- Koordination von medizinischen Behandlungen und Pflegeleistungen
- Berufliche und soziale Rehabilitationsmaßnahmen
- Vermittlung neuer Arbeitsplätze oder Tätigkeitsbereiche für Betroffene
Entschädigung
- Finanzielle Unterstützung von Versicherten bei Arbeitsunfähigkeit
- Zahlung von Verletztengeld und Pflegegeld
- Gewährung von Renten- und Sterbegeldern im Falle von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten mit Todesfolge
Durch diese Leistungen und Aktivitäten der Berufsgenossenschaft soll sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer im Falle eines Unfalls oder einer Erkrankung am Arbeitsplatz angemessene Unterstützung erhalten und ihre Arbeitsfähigkeit wiederherstellen können.
Zusammenfassung
Unfälle passieren! Umso wichtiger ist es, Arbeitnehmer vorsorglich zu schützen. Berufsgenossenschaften sind gesetzliche Unfallversicherungsträger für die gewerbliche Wirtschaft und ihre Mitarbeiter. Ihre Hauptaufgabe ist es, die Unternehmen und ihre Mitarbeiter vor den Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu schützen.
Die Berufsgenossenschaften bieten im Falle eines Unfalls finanzielle Unterstützung und sorgen für Maßnahmen zur Prävention von Arbeitsunfällen. Die einzelnen Berufsgenossenschaften sind nach Branchen und Wirtschaftszweigen organisiert und kümmern sich um die spezifischen Belange und Risiken der Arbeitsumgebung. So kümmert sich bspw. die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) um Unternehmen und Beschäftigte in den Bereichen Verwaltung, Finanzdienstleistungen und Medien.
Die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft ist für jedes Unternehmen in Deutschland verpflichtend. Wenn du als Unternehmen Mitarbeiter beschäftigst, wird ein monatlicher Beitrag fällig. Dieser richtet sich nach der Entgeltsumme des Unternehmens und der Anzahl der Mitarbeiter sowie die Schwere der Arbeitsunfälle in der jeweiligen Branche. Unternehmen ohne Mitarbeiter sind beitragsfrei.
Kommst du deiner Meldepflicht nicht nach, kann es teuer werden: Du riskierst hohe Bußgelder und im Falle eines Unfalls können erhebliche Kosten auf dich zukommen, die im Normalfall von der Berufsgenossenschaft übernommen werden. Die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft ist daher ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gründung deines Unternehmens.
Häufig gestellte Fragen zur Anmeldung bei einer Berufsgenossenschaft
Wir haben für dich die wichtigsten Fragen zur Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft kurz und prägnant zusammengefasst.