Vorweggenommene Betriebsausgaben vor der Gründung
Du stehst in den Startlöchern für deine Selbstständigkeit, willst Büroräume anmieten, Equipment kaufen und Marketingmaßnahmen anstoßen. Aber halt. Kannst du Kosten, die vor der offiziellen Gründung entstehen, steuerlich geltend machen? Wir erklären, wann das geht, was vorweggenommene Betriebsausgaben genau sind und wie du sie richtig absetzt.
Was sind vorweggenommene Betriebsausgaben?
Kosten, die du noch vor der Betriebsgründung und Anmeldung beim Finanzamt hast, nennt man vorweggenommene Betriebsausgaben. Von diesen Vorgründungskosten kannst du viele steuerlich absetzen – und das sogar im Vorjahr des offiziellen Starts deiner Selbstständigkeit.
Vorweggenommene Betriebsausgaben erhältst du indirekt zurückerstattet. Sie mindern nämlich deinen zu versteuernden Gewinn. Wie das? Diese Ausgaben werden von deinen späteren Einkünften aus der aufgenommenen Geschäftstätigkeit abgezogen. Dadurch zahlst du weniger Steuern, da dein zu versteuerndes Einkommen geringer ausfällt.
Um dir vorweggenommene Betriebsausgaben steuerlich anrechnen lassen zu können, sind einige Regeln zu beachten:
- Die Kosten aus der Vorbereitungsphase müssen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu deinem Unternehmen stehen. Heißt: Du brauchst eine konkrete Gründungsidee, für deren Realisierung die Kosten entstehen.
- Du musst dem Finanzamt gegenüber deine Kosten erklären und nachweisen können. Wie auch bei späteren Betriebsausgaben nach der Betriebseröffnung solltest du also unbedingt Belege, Rechnungen und Quittungen aufbewahren.
Sieh dir hier auch unsere Video-Zusammenfassung zu vorweggenommenen Betriebsausgaben an:
Typische Beispiele vorweggenommener Betriebsausgaben
Es liegt auf der Hand, dass viele vorweggenommenen Betriebsausgaben bzw. Gründungskosten für die Planung und den reibungslosen Start zur Betriebseröffnung anfallen. Typische Beispiele sind:
- Weiterbildungen wie Seminare, Kurse
- Existenzgründer-Workshops
- Fachliteratur
- Individuelle Beratung durch Coaches, Anwälte und Steuerberater
- Businessplanung
- Fahrtkosten und Reisekosten
- Eintritt für Fachmessen und Kongresse
- Gebühren für Telefon, Porto, Internet
- Finanzierungskosten wie Vermittlungsprovisionen, Zinsen, Bearbeitungsgebühren
- Miet- und Pachtkosten
- Gebühren bei Behörden und Ämtern
- Marketing
- Büroeinrichtung
- Technisches Equipment
Was ist nicht abzugsfähig?
Schauen wir uns noch ein Beispiel an, was nicht abzugsfähig ist:
Karin will sich als Webdesignerin selbstständig machen. Noch hat sie keine Betriebseinnahmen, keine Einkünfte und steckt mitten in der Vorbereitungsphase. Ihr Büro hat sie mit allem ausgestattet, was sie zur Ausübung ihrer Selbstständigkeit braucht. Um ihre kreative Ader zu betonen, kauft sie eine großformatige Skulptur und stellt sie im Empfangsbereich auf. Diese Kosten stehen nicht im direkten Zusammenhang zum geplanten Business und mit den geplanten Einkunftsarten. Karin wird sie nicht steuerlich geltend machen können.
Warum dieser Punkt so wichtig ist, siehst du gleich, wenn wir unten auf die Gewerbesteuer zu sprechen kommen.
Zuvor aber noch zur häufig gestellten Frage: “Wie ist das mit vorweggenommenen Betriebsausgaben und dem Vorsteuerabzug vor der Geschäftstätigkeit?”
Vorsteuer bei vorweggenommenen Betriebsausgaben
Können sich Gründer in spe gleich die auf Rechnungen für den Drucker, Rechner & Co. erhobene Umsatzsteuer zurückholen?
Hier müssen wir die Freude leicht bremsen: Solange du deine Geschäftseröffnung nicht gemeldet und keine Steuernummer hast, musst du Umsatzsteuer auf deine Betriebsausgaben zahlen, ohne sie verrechnen zu können.
Du schießt die Steuer allerdings nur vor. Liegt die Betriebseröffnung offiziell hinter dir und das Finanzamt hat dir eine Steuernummer zugeteilt, holst du dir die Vorsteuer vom Fiskus zurückholen. Dazu unten gleich mehr.
Vorweggenommene Betriebsausgaben verbuchen
Nun planst du intensiv deinen Businessstart, mietest Räume an, bestellst Büromaterial rein etc. und hast in diesem Zusammenhang erste Ausgaben und abzugsfähige Werbungskosten. Wie damit umgehen? Ganz einfach:
Du behandelst auch ohne offizielle Geschäftstätigkeit und Betriebseinnahmen alle Belege für abziehbare Kosten und vorweggenommene Betriebsausgaben buchhalterisch ebenso wie jene, die nach der offiziellen Gründung anfallen. Gehe wie folgt vor:
Sammle und digitalisiere Belege
Bewahre alle Belege sicher auf. Am besten digitalisierst du Quittungen und Rechnungen. So sind alle Belege sauber an einem Ordner abgelegt, jederzeit griffbereit und flattern nicht lose durch Schuber oder auf dem Schreibtisch herum. Besonders einfach kannst du übrigens mit einer Buchhaltungssoftware deine Belege digitalisieren.
Lege eine Kostenübersicht an
Liste alle Ausgaben in einer Tabelle auf. Vermerke akkurat Netto- und Brutto-Posten sowie den jeweiligen Steuersatz und die Ausgabenkategorie. Notiere zu jedem Kostenpunkt dessen Relevanz für die Gründung und Businessidee, um bei Nachfragen des Finanzamtes prompt reagieren zu können.
Praxis-Tipp: Unsere Nutze die automatisierte Belegerkennung deiner Buchhaltungssoftware und lass dir damit von ihr zeitaufwendige Arbeit abnehmen. Denn sie ordnet all deine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben direkt den korrekten Kostenkategorien zu und erfasst für dich Steuersätze, Netto- und Bruttobeträge. Dein Plus: Sicherheit in den Zahlen und Zeitgewinn für den Unternehmensaufbau.
Erstelle die EÜR für die Steuererklärung
Kosten, die vor der Gründung angefallen sind, erfasst du für deine Steuererklärung übersichtlich in der EÜR. Diese übermittelst du dem Finanzamt und machst abziehbare Kosten geltend.
Vorweggenommene Betriebsausgaben in die Steuererklärung eintragen
Kommen wir zu den Steuererklärungen, die für Selbstständige und Freiberufler wichtig sind. Denn du natürlich willst jetzt wissen: „Wo trage ich vorweggenommene Betriebsausgaben als Selbstständiger ein?“
1. Vorweggenommene Betriebsausgaben in der Einkommensteuererklärung
Bei der Einkommensteuer kannst du gemäß Paragraph 4 EStG vorweggenommene Betriebsausgaben ganz einfach ansetzen und verbuchen. Für deine Steuererklärung erstellst du eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), in der alle Gründungskosten erfasst sind. Das Ergebnis trägst du in die Anlage G für gewerbliche Einkünfte oder in die Anlage S für selbstständige oder freiberufliche Einkünfte ein.
Wie sieht das in der Praxis aus? Ein Beispiel:
Daniel gründet im Juni 2024. Im Dezember 2023 hatte er aber schon Ausgaben in Form von Reisekosten, weil er einen potenziellen Geschäftspartner besucht hat. Diese Ausgaben aus dem Vorjahr kann Daniel in der Anlage EÜR für 2023 angeben und die Kosten in seiner Steuererklärung berücksichtigen.
2. Vorweggenommene Betriebsausgaben in der Umsatzsteuererklärung
Sobald du dein Gewerbe beim Finanzamt registriert hast, bist du zum Abzug der Vorsteuer berechtigt. Mit deiner Steuernummer im Gepäck kannst du auch deine Umsatzsteuererklärung bzw. Umsatzsteuervoranmeldung vornehmen, vorweggenommene Ausgaben rückwirkend anmelden und von dir vereinnahmte Mehrwertsteuer mit gezahlter Umsatzsteuer verrechnen.
Wie du dich als Selbstständiger anmeldest und deine Steuernummer erhältst, erklären wir dir im Detail im Beitrag Selbstständigkeit anmelden.
Vorweggenommene Betriebsausgaben in der Gewerbesteuererklärung
Kommen wir abschließend zur Gewerbesteuer und der entscheidenden Einschränkung in puncto Absetzbarkeit von Gründungskosten. Denn was bei der Einkommensteuererklärung und Umsatzsteuererklärung recht einfach war, ist so bei der Gewerbesteuererklärung leider nicht möglich. Warum? Das liegt in der Art der Gewerbesteuer:
Anders als die Einkommensteuer ist die Gewerbesteuer eine auf den aktiven Betrieb bezogene Real-(Sach-)Steuer. Hier zahlst du Steuern nicht als Person, sondern als „Gewerbebetrieb“. Und einem Gewerbebetrieb können keine Kosten entstehen für einen Zeitraum, in dem er noch nicht existierte. Also vor seiner Gründung. Abzugsfähige vorweggenommene Betriebsausgaben bei der Gewerbesteuer kann es daher nicht geben.
Tipp: Selbstständigkeit früh anmelden
Neben all den Möglichkeiten, vorweggenommene Betriebsausgaben abzusetzen, liegen also auch zwei Einschränkungen vor: Vor der offiziellen Gründung deiner Selbstständigkeit kannst du
- keine Betriebsausgaben über die Gewerbesteuererklärung geltend machen.
- gezahlte Umsatzsteuer noch nicht vom Finanzamt zurückholen. Bis dein Unternehmen offiziell ist, du eine Steuernummer hast und Umsatzsteuer zahlst, gehst du mit Umsatzsteuer bei Betriebsausgaben in Vorkasse.
Unsere Empfehlung:
Melde deine Selbstständigkeit bzw. dein Gewerbe schnellstmöglich an. Versuche zudem, höhere Investitionsbeträge auf die Zeit nach offiziellem Gründungstag zu schieben. So belastest du dein Konto nicht unnötig und kannst Betriebsausgaben zeitnah und umfassend von der Steuer absetzen.
Gut zu wissen:
"Nur" weil du gegründet hast, musst du nicht zwingend direkt Umsatz generieren. Du kannst auch nach offiziellem Go noch dein Business langsam ausrollen und verzögert Einnahmen machen.
Das mag jetzt vielleicht nach einer Menge klingen, was du in puncto Buchhaltung und Steuern in der Selbstständigkeit bedenken musst. Hier die gute Nachricht für dich:
Zusammenfassung zu vorweggenommenen Betriebsausgaben
Vorweggenommene Betriebsausgaben sind Kosten, die vor der offiziellen Anmeldung beim Finanzamt entstehen. Sofern die Ausgaben per Beleg nachweisbar sind und ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur konkreten Geschäftsidee besteht, sind sie in der Regel steuerlich absetzbar. Die Ausnahme bildet die Gewerbesteuer. Hier kannst du nur Kosten angeben, die ab Gründungstag und Vorliegen der Steuernummer anfallen.